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Benjamin Netanjahu und Barack Obama demonstrierten vor der Weltpresse deutlich den Willen für einen Neubeginn der zuletzt getrübten Beziehungen zwischen Israel und den Vereinigten Staaten.

Foto: AP/Carolyn Kaster

Nach einer Phase nur mühsam überdeckter Spannungen haben US-Präsident Barack Obama und der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu in demonstrativer Eintracht eine Art Neustart zelebriert. Beide sprachen am Dienstag übereinstimmend von einem "exzellenten" Treffen im Weißen Haus in Washington. Um die neue Harmonie zu illustrieren, schüttelten sie einander während einer kurzen Pressekonferenz vorm historischen Kamin des Oval Office ausdauernd die Hand, nicht nur einmal, sondern gleich zweimal, lange genug für jeden der anwesenden Fotoreporter.

Bald direkte Verhandlungen

"Ich glaube, der Premierminister will Frieden. Ich denke, er ist bereit, für den Frieden Risiken einzugehen", sagte Obama. Netanjahu sei interessiert an ernsthaften Verhandlungen über eine Zwei-Staaten-Lösung mit den Palästinensern. Daher könnten die von US-Nahostemissär George Mitchell vermittelten indirekten Gespräche zwischen den Konfliktparteien bald in einen direkten Dialog münden. Obama hofft, dass dies bereits in den nächsten Wochen gelinge. Während der Hausherr die "special relationship" zwischen den Vereinigten Staaten und Israel herausstellte, sagte es sein Gast mit einem abgewandelten Kalauer Mark Twains. "Gerüchte über ein Ableben der Sonderbeziehung sind nicht nur verfrüht, sie sind völlig falsch."

Im März hatte der Hoffnungsträger der US-Demokraten den Likud-Politiker noch behandelt wie einen Paria: keine Kameras, kein Plausch vorm Kamin, nicht mal ein öffentliches Händeschütteln. Es war die Retourkutsche, weil Israel den Bau von 1600 neuen Wohnungen im arabischen Ostteil Jerusalems ausgerechnet in dem Moment verkündete, als Vizepräsident Joe Biden zu Gast war im jüdischen Staat. Jetzt sei man quitt, das Kapitel sei abgehakt, heißt es in Washington.

Obama versucht gar, Berichte über Verstimmungen den Medien mit ihrem angeblichen Hang zur Übertreibung zuzuschreiben. Für ihn zählt ein Klima, in dem handfeste Ergebnisse möglich werden. Ein Dauerzwist mit Netanjahu würde bedeuten, dass einer der beiden Friedenspartner ihm, dem ehrlichen Makler, misstraut.

Aktuell braucht Obama die Zusicherung Israels, den Bau jüdischer Siedlungen auf besetztem Land einzufrieren. Dass es dabei auch um amerikanische Innenpolitik geht, genauer: um amerikanische Steuerpolitik, macht die New York Times nach intensiver Recherche deutlich. Demnach haben rund 40 US-Organisationen in der vergangenen Dekade über 200 Millionen Dollar gesammelt, um die Siedlungen zu unterstützen. Als Spenden lassen sie sich von den Einnahmen absetzen.

Ob Obama etwas ändert am fiskalpolitischen Status quo, sei dahingestellt. Jedenfalls drängt er auf eine Geste des guten Willens, es soll nicht heißen, dass seiner visionären Nahostrede, die er im Juni 2009 in Kairo gehalten hatte, keine Taten folgen. Möglichst bald soll Netanjahu erklären, dass er ein im September auslaufendes, und zunächst auf zehn Monate befristetes Moratorium für den Siedlungsbau verlängert. Außerdem drängt das Weiße Haus darauf, die international immer mehr umstrittene Blockade des Gazastreifens weiter zu lockern. (DER STANDARD, Printausgabe 7.7.2010)