Macht den Auftakt zum diesjährigen O-Töne Literaturfestival im MQ Wien: Arno Geiger.

Foto: O-Töne/Flammang

Wien - Ein altes Klischee besagt, dass Schriftstellerlesungen ungefähr so aussehen: Nachdem ein Einleitender endlos lang über einen stumm dasitzenden Autor geredet hat, liest dieser mehr oder weniger melancholisch vor mehr oder weniger Zuhörern mehr oder weniger monoton seine Texte. Loriot hat (Melusine / Krawehl! Krawehl! Taubtrüber Ginst am Musenhain / Trübtauber Hain am Musenginst / Krawehl! Krawehl!) dieses Setting auf die Schippe genommen.

Doch obwohl Roland Barthes und andere schon vor einigen Jahrzehnten den Tod des Autors vorhersagten, waren Autorenlesungen wahrscheinlich noch nie so populär wie heute. Jedes Jahr wird irgendwo ein neues Literaturfestival ins Leben gerufen, und Lesungen, zumal wenn das Ambiente stimmt, haben Zulauf wie kaum je zuvor. Zu tun hat das vielleicht damit, dass eben nicht nur Kinder dem Zauber des Vorlesens zugänglich sind und die Aura des Autors wichtiger geblieben ist als gedacht, denn welcher Leser interessiert es nicht, wie der Autor, dessen Buch man mochte, die eigenen Texte liest.

Mit dem Veranstaltungsort und der Art der Präsentation mag daher auch der Erfolg der Literaturveranstaltung "o-töne" zusammenhängen, die seit nunmehr sechs Jahren zu den angenehmeren Begleiterscheinungen des Sommers im Museumsquartiers gehört. Jeden Donnerstag stellen im Juli und August österreichische AutorInnen unter offenem Himmel und bei freiem Eintritt in verschiedenen Teilen des Areals ihre neuen Bücher vor. 40.000 Besucher zählte man bisher, 10.600 davon im vergangenen Jahr, wobei allein 3000 Zuhörer zur Lesung von Wolf Haas kamen.

Dem Konzept, bekanntere Namen (viele, wie Kehlmann, Glavinic, Geiger, lasen hier noch vor dem großen Durchbruch) mit noch zu entdeckenden Autoren zu mischen, sind die Veranstalter Christoph Möderndorfer, Gabriel Hegedüs und Thomas Keul (Programm) treu geblieben. So wird Arno Geiger morgen (musikalisch begleitet von Die Strottern) um 20 Uhr im Haupthof mit einer Lesung aus Alles über Sally den Auftakt machen. Am 15. Juli liest Clemens Berger im Staatsratshof, am 22. Juli Andrea Grill bei den Boule-Bahnen und am 29. Juli Paulus Hochgatterer beim Wasserbecken. Im August folgen Monika Helfer (5. 8., Boule- Bahnen), Lydia Mischkulnig (12. 8., Fürstenhof), Karl-Markus Gauß (19. 8., Wasserbecken) und Michael Köhlmeier (26. 8, Haupthof). Diese Lesungen beginnen alle um 20.30 Uhr. Sollte der Wettergott nicht hold sein, steht als Ausweichquartier die Arena 21 zur Verfügung. (Stefan Gmünder, DER STANDARD/Printausgabe, 07.07.2010)