ESOF-Party im Castello del Valentino in Turin

Foto: Tanja Traxler

"Wissenschaft ist wie Zauberei": Das war einer der Sätze, mit denen Peter Agre seine Plenary Lecture im großen Auditorium eröffnete. Doch bevor er mit seinem Vortrag begann, legte der Chemie-Nobelpreisträger eine kurze Tanz- und Playback-Gesangseinlage im Slapstick-Stil ein. Als Agre dann von seinem wissenschaftlichen Werdegang erzählte, war es ein sehr persönlicher Rückblick, denn er erzählte vor allem von den Menschen, denen er im Laufe seines Lebens begegnet ist, und schien dabei die wissenschaftlichen Inhalte nur anzustreifen. So entfaltete sich vor den Zuhörern beinahe unbemerkt eine kleine Geschichte der Proteinforschung der letzten Jahrzehnte.

Agres Geschichte beginnt in einer "typisch amerikanischen" Familie, sehr religiös, mit dem ständigen Antrieb im Leben "etwas Sinnvolles" zu machen. Schon in seinen jungen Jahren wurde der Chemiker Linus Pauling zu einem großen Vorbild für Agre - nicht nur wissenschaflich ("Pauling ist einer der größten Chemiker"), sondern vor allem auch persönlich: 1954 erhielt er den Nobelpreis für Chemie, 1962 den Friedensnobelpreis. "Pauling hatte ein großes Herz", schwärmte Agre. Sein Renommee als Spitzen-Wissenschafter setzte Pauling dazu ein, in der Öffentlichkeit gegen Tests von Nuklearwaffen aufzutreten. "Das hat mir gezeigt: Wissenschaft hat die Macht, viele Probleme zu lösen, sie hat eine wichtige Macht für die Öffentlichkeit." 

"Lass es dir nicht zu Kopf steigen"

Zu Familien-Fotos der Agre-Familie im Nationalpark erzählte er dann von den Strukturen, denen seine Leidenschaft als Forscher gilt: die Aquaporine. Sie sind die Proteine, die Kanäle in den Zellmembranen bilden, um den Durchgang von Wasser zu gewährleisten. Für ihre Entdeckung erhielt Agre gemeinsam mit Roderick MacKinnon 2003 den Chemie-Nobelpreis. An dem Morgen, an dem er den Anruf aus Schweden erhielt, erinnert sich Agre gut. Gleich danach hat er seine Mutter angerufen, die in "mütterlicher Weisheit" antwortete: "Das ist schön, Peter, aber lass es dir nicht zu Kopf steigen, du musst trotzdem noch etwas Sinnvolles im Leben machen."

Diese Entdeckung der Aquaporine zog in kurzer Zeit sehr viel Interesse auf sich und öffnete eine Vielzahl an Toren für chemische und biologische Forschungen. Agre entließ sein junges Auditorium mit einem großen Wunsch: "Ich hoffe, ihr habt Spaß in eurer Forscherkarriere." Wenige Stunden später mischte sich der 61-jährige Nobelpreisträger bei der großen ESOF-Party auf dem Tanzparkett unter die jungen Wissenschafter, vor allem die Vienna Science Shuttle-Delegation hat ausgelassen getanzt.

Bevor der Vienna Science Shuttle heute kurz vor Mitternacht zu seiner 14-stündigen Fahrt zurück nach Wien aufbricht, haben viele Österreicher heute noch die letzte Chance genützt, die Stadt noch kurz zu besichtigen. Bevor am Abend noch ein ESOF-Social Event angesteuert wird, freuen sich schon viele auf den letzten Talk, den sie hier beim ESOF 2010 verfolgen können: Die heutige abendliche Plenary Lecture hält Anton Zeilinger.(derStandard.at/6.7.2010)