Wegen Wiederbetätigung mussten sich am Montag zwei Angeklagte am Landesgericht Wiener Neustadt verantworten. Der Erstbeschuldigte war bis zu seiner Verhaftung Anfang November 2009 "Bundesjugendführer" der NVP ("Nationale Volkspartei"). Er zeigte sich teilweise geständig. Das Verfahren wurde zwecks weiterer Zeugen und eines Gutachtens auf den 13. Oktober vertagt. Der 21-Jährige bleibt in U-Haft - einen Antrag auf Haftentlassung lehnte das Gericht ab.

Dem Ex-Funktionär werden NS-Wiederbetätigung (nach Paragraf 3g des NS-Verbotsgesetzes), Sachbeschädigung - er soll Plakate überklebt und auf ein Auto eingeschlagen haben - und wegen des Besitzes eines Schlagrings ein Verstoß gegen das Waffengesetz zur Last gelegt. Der Strafrahmen beträgt bis zu zehn Jahre Haft.

Erstangeklagter bereits wegen Wiederbetätigung vorbestraft

Verfahren nach dem Verbotsgesetz seien selten und daher außergewöhnlich, nicht jedoch für den Erstangeklagten, verwies Staatsanwalt Wolfgang Handler auf ein bereits vorangegangenes Verfahren. Der Niederösterreicher habe u.a. 2008 in einem "vollen" Lokal - zwar alkoholisiert - sein Glas auf den "Führer" erhoben, mehrmals "Sieg Heil" gerufen und die Hand zum Hitler-Gruß ausgestreckt, bis der Türsteher dem Treiben ein Ende setzte.

Bei einem Zeltfest habe sich der 21-Jährige insofern öffentlich wiederbetätigt, als er aus dem geöffneten Autofenster in hoher Lautstärke abgespielte NS-Lieder schallen ließ. Seine nationalsozialistische Gesinnung habe er zur Schau gestellt, indem er an seinem Wohnungsfenster in Wiener Neustadt NS-Devotionalien (Hakenkreuzfahne und Hitler-Büste) zur Schau stellte. Der Zweitangeklagte (38), der sich nicht schuldig bekannte, habe ein Hakenkreuz an eine Bahnunterführung in Wiener Neustadt gesprayt und den Erstangeklagten bei NVP-Treffen "propagandistisch für Passanten wahrnehmbar" mit dem Hitler-Gruß begrüßt.

Verteidiger spricht von "menschlicher Tragödie"

Verteidiger Hans Peter Kandler sprach von einer menschlichen Tragödie. Sein - aus einem zerrütteten Elternhaus stammender - Mandant habe den falschen Halt gesucht. Nach dem ersten Verfahren habe ihn ein hervorragender Bewährungshelfer "wieder zurückgebracht", er sei "geläutert" gewesen - aber "zu schwach", nachdem ihn immer wieder NVP-Mitglieder kontaktiert hätten. An den Vorfall im Lokal könne er sich aufgrund seines betrunkenen Zustandes nicht erinnern.

Nachdem er mit dem Verbotsgesetz in Konflikt geraten war, habe er versucht ein neues Leben anzufangen, beteuerte der Angeklagte. Er sei aber ständig von Bekannten aus der rechten Szene kontaktiert worden - aus Sicht von Richter Hubert Zak angesichts der Funktion des Beschuldigten innerhalb der NVP nicht verwunderlich. Seit November 2009 befindet sich der 21-Jährige, der in der Folge aus der NVP austrat, in Untersuchungshaft. (APA)