Foto: DER STANDARD/Cremer

Die Räumlichkeiten, in denen der Ministerrat tagt, sind wegen der Sommerpause bereits verwaist - und auch im Herbst hat es die Regierung, zumindest in puncto Budget, nicht eilig.

Foto: DER STANDARD/Cremer

Wien - Zu Weihnachten gibt es heuer kein Geschenk. Die Regierung hat jedenfalls das genaue Gegenteil vor. Das Packerl, das sie wenige Tage vor dem Freudenfest schnürt, wird bei den Bürgern für keine leuchtende Augen sorgen: Am 9. Dezember will der Ministerrat das Budget für das Jahr 2011 beschließen, um es direkt im Anschluss dem Nationalrat vorzulegen. Ebendort hat Finanzminister Josef Pröll noch am selben Tag vor, in seiner Budgetrede die vorgesehenen Einsparungen und Steuererhöhungen zu erklären.

Diesen gleichzeitig hektischen und doch gemächlichen Zeitplan haben Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Josef Pröll in einem Brief an Parlamentspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) festgeschrieben . Mit staatstragendem Gestus - "eine große Kraftanstrengung" - werben die beiden Regierungschefs hinsichtlich des Ablaufs um die Unterstützung "aller Fraktionen des Parlaments" .

Diese können sich SPÖ und ÖVP abschminken. Über die "ungeheuerliche Arbeitsverweigerung" empört sich die FPÖ, Grüne und BZÖ sehen einen glatten "Verfassungsbruch" . Namhafte Rechtsexperten geben der Opposition Recht. "Natürlich ist das ein Verfassungsbruch" , sagt Heinz Mayer, Dekan am Wiener Juridicum, Professorenkollege Theo Öhlinger pflichtet in milderer Wortwahl bei und spricht von "Verfassungswidrigkeit" .

Stein des Anstoßes ist Artikel 51 der Bundesverfassung, laut dem die Regierung das Budget dem Nationalrat bis spätestens zehn Wochen vor dem neuen Jahr vorlegen muss. De facto kann die Koalition auf das Gebot allerdings pfeifen. Solange die Mehrheit im Parlament nicht mitspielt, bleiben alle möglichen Gegenmittel "graue Theorie" (Öhlinger).

Die roten und schwarzen Abgeordneten machen naturgemäß keine Anstalten, gegen die eigene Regierung aufzubegehren. In den beiden Klubs hält man sich aber zugute, immerhin erreicht zu haben, dass die Volksvertretung das Budget im kommenden Herbst nicht überhaupt ohne Vorwarnung "vor den Latz geknallt bekommt" (ein ÖVPler). Das Kernargument für die Verschiebung - die labile Wirtschaftslage - nennen die Koalitionäre plausibel.

Die Opposition glaubt davon kein Wort. "Eine simple Wählertäuschung" erkennt Grünen-Chefin Eva Glawischnig: Die Regierung wolle einfach die geplanten Sozialkürzungen vor der WienWahl am 10.Oktober verschleiern: "Vor diesem Tag wird wohl nicht einmal verhandelt." Blaue, Orange wie Grüne kritisieren den "Gewaltakt", das Budget innerhalb weniger Tage vor Weihnachten durchzupeitschen, was eine ernsthafte politische Auseinandersetzung unmöglich mache.

Die Opposition habe "gute Gründe, zornig zu sein" , meint Parlamentspräsidentin Barbara Prammer: "So ein wichtiges Budget wie 2011 kann man im Parlament nicht rübernudeln." Sie hofft aber auf den Goodwill der Regierung, das Budget doch früher vorzulegen. Ab Montag verhandeln die Parlamentsparteien über eine "saubere Lösung" (Prammer).

Kommt diese nicht zustande, könnte der Nationalrat auch von sich aus ein Budget vorlegen - wozu den Parlamentariern aber die Ressourcen fehlen. Ansonsten bleibt den Regierungsgegnern nur, öffentlichen Druck aufzubauen. Theoretisch könnten FPÖ, BZÖ und Grüne Finanzminister Pröll den ganzen Sommer mit Sondersitzungen zum Stand der Budgetverhandlungen quälen. Doch egal sind der Opposition die kommenden Wahlen in Wien und der Steiermark dann auch nicht - und zumindest die Grünen würden sich im Vorfeld wohl ungern allzu oft mit den Blauen in ein Boot setzen. (Gerald John, DER STANDARD, Printausgabe, 3.7.2010)