Bis zur Barockzeit dominierte die gotische Fassade der Hofburgkapelle den Schweizerhof in der Wiener Hofburg

Foto: STANDARD/Cremer

Wien - "Zeller 1966" hat sich in dieser Wand verewigt. Und bereits 1867 hatte jemand eine weibliche Figur in den Stein gekratzt. Doch das ist nur die jüngere, vandalistische Geschichte dieses Mauerwerks, das vom Bundesdenkmalamt in unmittelbarer Nähe der eigenen Büros wiederentdeckt wurde: der historische gotische Fassadengiebel der 1423 bis 1426 errichteten Hofburgkapelle, die in der Barockzeit hinter Zubauten im Schweizerhof verschwand.

Ein Glück war es, dass dieses Juwel im Dachboden der Hofburg jahrhundertelang vor Verwitterung geschützt war. Ein Pech war es gleichzeitig, dass die Verzierungen auch Objekt von Souvenierjägern - vermutlich hier tätigen Handwerkern - waren.

Jetzt, nachdem im Zuge einer Notsicherung der Staub von 250 Jahren entfernt ist, können Bundesdenkmalamt-Präsidentin Barbara Neubauer und ihr Team auch neue historische Erkenntnisse präsentieren: Details wie leicht geschwungene Dreiecksornamente zeigen, dass vermutlich auch hier die Dombauhütte St. Stephan tätig war. Zweierlei Materialien waren verwendet worden - härtere Steine wurden an exponiertere Stellen gesetzt. Und zehn Steinmetzzeichen konnten identifiziert werden.

Besichtigen können wird man den Fassadengiebel allerdings auch künftig nur bei Spezialführungen. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD Printausgabe 1.7.2010)