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Und wieder nix: Auch beim zweiten Wahlgang bekommt Merkels Kandidat nicht genug Stimmen für die absolute Mehrheit. Es muss ein drittes Mal abgestimmt werden.

Foto: AP Photo/Markus Schreiber

Auch im zweiten Wahlgang erreicht der Kandidat der schwarz-gelben Koalition, Christian Wulff, nicht die erforderliche Stimmenanzahl. Er kommt auf lediglich 615 - gebraucht hätte er 623. Die CDU/CSU-FDP Koalition verfügt in der Bundesversammlung über 644 Stimmen. Das Ergebnis von 615 Stimmen bedeutet, dass ihn wieder 29 Abgeordnete aus CSU/CDU oder FDP nicht gewählt haben. Der dritte Wahlgang ist beendet. Jetzt werden die Stimmen ausgezählt. Links-Kandidatin Luc Jochimsen wird an diesem allerdings nicht mehr teilnehmen. Die Linke hat aber keine Wahlempfehlung für Joachim Gauck abgegeben. Die Grünen werfen der Linken vor damit eine historische Chance zu vergeben.

Eine herbe Niederlage für die Kanzlerin Merkel

Die Vorsitzenden von CDU, CSU und FDP hatten es nicht geschafft, Wulff mit der satten Mehrheit von 21 Stimmen durchzubringen. "Es hätte uns gut getan, wenn es schon im ersten Wahlgang geklappt hätte", sagte der bayerische Gesundheitsminister Markus Söder in der ARD vor Bekanntgabe des Ergebnisses der zweiten Runde. So einfach scheint es nicht zu sein, wenn seine CSU sich zum Beispiel zum Missfallen vieler Bürger mit der FDP mit Worten wie "Gurkentruppe" und "Wildsau" über die Gesundheitsreform fetzt. So etwas fordert einen Denkzettel heraus.

Joachim Gauck, Kandidat der SPD und der Grünen, kommt im zweiten Wahlgang auf 490 Stimmen. SPD (333) und Grüne (129) verfügen in der Bundesversammlung gemeinsam über 462 Sitze. Bei dieser Wahl sind es allerdings nur 460. Zwei SPD-Abgeordnete sind  der Wahl wegen Krankheit und aus persönlichen Gründen ferngeblieben. Das bedeutet, dass auch beim zweiten Wahlgang Gauck 30 Stimmen aus anderen Fraktionen erhalten hat.

Luc Jochimsen, Kandidatin der Linke, erreicht diesmal 123 Stimmen. Eine Stimme weniger als ihre Fraktion im Bundestag inne hat. Im ersten Wahlgang war die ehemalige Journalistin noch auf 126 Stimmen gekommen.

Kandidat der NPD, Frank Rennicke, kommt erneut auf drei Stimmen. Auch er ist beim dritten Wahlgang nicht mehr angetreten.

Insgesamt wurden 1239 Stimmen abgegeben, davon war eine ungültig und es gab sieben Enthaltungen.

Dritter Wahlgang: Einfache Mehrheit reicht

Im dritten Wahlgang treten im Regelfall dieselben Kandidaten an, wie in den beiden vorherigen Wahlgängen. Es sei denn, eine der Parteien zieht ihren Kandidaten zurück. Diesmal reicht die Stimmenmehrheit, um die Wahl zu gewinnen. Der Kandidat muss also nicht mehr als die Hälfte der Stimmen bekommen, wie es bei den ersten beiden Wahlgängen nötig gewesen wäre.

Linke Zünglein an der Waage

Die Fraktionschefin der Linke, Gesine Lötzsch, hat eine neue Variante ins Spiel gebracht: Sie schlägt einen neuen gemeinsamen Kandidaten von SPD, Grünen und der Linke vor. Die Linke ist in der anstehenden Entscheidung das Zünglein an der Waage. Sollte die Partei sich entscheiden ihre Kandidatin zurückzuziehen und für Gauck zu stimmen, wäre eine Mehrheit für den SPD/Grünen-Kandidaten möglich. Vorausgesetzt die Abweichler aus der CDU/CSU-FDP-Fraktion bleiben bei ihrem Stimmverhalten.

SPD und Grüne halten nach Gespräch mit Linkspartei an Gauck fest

SPD und Grüne halten auch nach Beratungen mit der Linkspartei an ihrem Bundespräsidenten-Kandidaten Joachim Gauck fest. Zu dem Vorstoß der Linken-Chefin Gesine Lötzsch, einen neuen, auch für die Linkspartei tragbaren Kandidaten zu nominieren, sagte der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Jürgen Trittin, in der ARD: "Wir haben sehr deutlich gemacht, dass wir hier keinen Raum sehen." Die Linken müssten sich nun entscheiden, ob sie Gauck unterstützen wollten oder aber den Kandidaten der schwarz-gelben Koalition, den niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff.

Bereits zuvor hatten linke Spitzenpolitiker betont, der ehemalige DDR-Bürgerrechtler Gauck sei für sie nicht wählbar, auch wenn damit Wulff verhindert werden könnte. Nach den Gesprächen der Spitzen der Fraktionen von SPD, Grünen und Linkspartei zog sich die Linken-Fraktion zur Beratung des weiteren Vorgehens zurück.

SPD-Chef Gabriel fordert von Linkspartei Freigabe der Stimme

Das Verhalten der Linkspartei im dritten Durchgang der Präsidentenwahl ist nach den Worten von SPD-Chef Sigmar Gabriel noch offen. Er hoffe, dass die Linkspartei ihren Wahlleuten zumindest das Stimmverhalten freigebe, sagte Gabriel der ARD am Mittwoch. SPD und Grüne hätten die Linke aufgefordert, nicht dem Koalitionskandidaten Christian Wulff zur Mehrheit zu verhelfen. Wie sich die Partei nun verhalten werde, wisse er nicht. Die Linkspartei habe sich zu Beratungen zurückgezogen. Wulff war in den ersten beiden Wahlgängen durchgefallen, weil überraschend viele Wahlleute der Koalition ihm die Stimme verweigert hatten. (red, apn, Reuters, derStandard.at, 30.6.2010)