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Homosexuelle Männer dürfen noch immer nicht Blutspenden.

Foto: dpa/A3724 Felix Heyder

Gerade vor dem Sommer kommt es wieder zu Engpässen bei Blutkonserven. Vor kurzem mussten Wiener Spitäler sogar auf Vorräte aus Niederösterreich zurückgreifen, um die Versorgung sicherzustellen. Deshalb startete das Rote Kreuz auch einen Blutspendeaufruf: Rette Lebe, spende Blut. Mit einem kleinen Nachsatz: kein Blut von homosexuelles Männern.

Vor dem Blutspenden ist von jedem potentiellen Spender ein Fragebogen auszufüllen. Darin wird abgeklärt, ob er/sie an chronischen Krankheiten leidet oder vor kurzem in einem Risiko-Urlaubsgebiet unterwegs war. Gegen Ende findet sich aber auch eine Frage, die für hitzige Diskussionen zwischen dem Roten Kreuz und schwul/lesbischen NGOs sorgt: Hatten sie als Mann Sex mit einem Mann?

"Klare Diskriminierung"

„Es ist nun einmal eine Tatsache, dass homosexuelle Männer eine Risiko in Sachen HIV-Ansteckungsgefahr sind", begründet Andrea Winter vom Roten Kreuz Österreich die Fragestellung: „Die Sicherheit unserer Blutspendeempfänger hat oberste Priorität." Marco Schreuder von den Grünen Andersrum sieht die Tatsache, dass schwule Spender schon im Vorfeld ausgeschlossen werden, aber als „klare Diskriminierung und schürt das Vorurteil, das homosexuelle Männer, hart formuliert, nur wild herumvögeln". Außerdem würde die Kategorisierung als Risikogruppe „längst nicht mehr dem aktuellen Forschungsstand entsprechen."

Laut Studienergebnisse der Statistik Austria, die alle HIV-Neuinfektionen seit dem Jahr 1985 dokumentierte, ist die Gruppe „Homo/bisexuell" zwar noch immer in der Aufstellung vertreten, doch war es im Jahr 1998 zum letzten Mal der Fall, dass es mehr Neuinfektionen unter homosexuellen Männern gab, als durch heterosexuelle Übertragung. Im Jahr 2009 gab es unter homosexuellen Männern sechs Neuinfektionen und im Vergleich dazu vierzehn bei heterosexuellen Personen.

Fragebogen "nur zusätzliche Sicherheit"

Für Julian Wiehl von Vangardist, einem Onlinemagazin für schwule Männer, wird durch das Rote Kreuz „ein falsches Zeichen gesetzt und die Infektionsgefahr für heterosexuelle Menschen heruntergespielt." Seiner Meinung nach sagt die sexuelle Orientierung „nichts über die Qualität von Blut aus, denn das muss ja dann sowieso noch einmal medizinisch getestet werden." Winter stellt klar, dass der Fragebogen nur eine „zusätzliche Sicherheitsvorkehrung" sei und „eine Stufe im Diagnoseverfahren". 

Außerdem stellt Winter fest, dass auch Personen, die sich während der BSE-Krise in den 1980er Jahren in Großbritannien aufgehalten hätten, von der Blutspende ausgeschlossen würden, „auch wenn sie Vegetarier sind". Aber natürlich „ist verständlich, dass sich homosexuelle Männer diskriminiert fühlen". Gegen diese Diskriminierung wollen laut Schreuder die Grünen Andersrum vor allem mit medialen Kampagnen und Öffentlichkeitsarbeit vorgehen und er kennt einen Weg, wie homosexuelle Männer trotzdem Blut spenden dürfen: „Einfach beim Fragebogen nicht zugeben, dass man schwul ist. Das passiert ja schon immer wieder."

Auch Lesben waren ausgeschlossen

Das Rote Kreuz will laut Winter aber kein „was wäre wenn spielen" und nicht darüber nachdenken die Frage aus dem Diagnoseverfahren zu streichen. Obwohl so etwas schon einmal passiert ist: bis 2003 waren bei einzelnen Blutspendeeinrichtungen auch lesbische Frauen als Spenderinnen verboten. Dazu Winter: „Das ist der beste Beweis, dass wir Risikogruppen, sofern sie nach dem aktuellen Stand der Forschung nicht mehr als solche gelten, auch wieder aus dem Verbot entfernen." Laut Forschung liegt die Neuinfektionsrate bei Lesben in Österreich aber schon seit dem Jahr 1985 bei 0 Prozent. (Bianca Blei/derStandard.at/13.7.2019)