Russland hat auf die Verhaftung elf mutmaßlicher russischer Spione in den USA verschnupft reagiert. Der russische Außenminister Sergej Lawrow forderte eine Erklärung aus Washington. "Uns wurde nicht erklärt, worum es geht", sagte Lawrow bei einer Pressekonferenz Dienstagvormittag bei einem Besuch in Israel.

Am Nachmittag veröffentlichte das russische Außenministerium eine offizielle Stellungnahme, in der die Handlungsweise der US-Behörden als "unbegründet" bezeichnet wurden. Es würden "hässliche Ziele" damit verfolgt. "Uns sind die Gründe unbekannt, warum das amerikanische Justizministerium mit einer Erklärung im Geiste der Spionageleidenschaften wie zu Zeiten des Kalten Krieges auftritt", heißt es weiter.

Besonders verärgert ist man in Moskau über den Zeitpunkt des Spionage-Skandals. Dieser "wurde mit besonderer Feinheit gewählt", ätzte Lawrow. Der russische Präsident Dmitri Medwedew war erst vergangene Woche bei seinem US-Kollegen Barack Obama zu Besuch gewesen, um die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu vertiefen.

Wladimir Kolesnikow, der Vizevorsitzende des Duma-Ausschusses für Sicherheit, kündigte an, dass Moskau auf die Anschuldigungen "symmetrisch" antworten werde. "Es ist kein Geheimnis, dass bei uns die US-Geheimdienste ihre Arbeit fortsetzen", sagte Kolesnikow. Der russische Geheimdienst-Veteran Michail Ljubimow sprach sich dafür aus, "irgendwelche amerikanischen Ingenieure" aus Russland zu werfen.

In Russland sieht man den Spionage-Skandal als Angriff auf die Politik von US-Präsident Obama. Der ehemalige FSB-Chef Nikolaj Kowaljow vermutet jene Kräfte hinter der Affäre, denen der Neustart der russisch-amerikanischen Beziehungen ein Dorn im Auge ist. Die US-Geheimdienst-Chefs hätten den Skandal losgetreten. (Verena Diethelm aus Moskau/DER STANDARD, Printausgabe, 30.6.2010)