Wien - Der österreichische Notenbankchef Ewald Nowotny hat am Dienstag ungewöhnlich scharfe Kritik an der ungarischen Regierung, genauer gesagt an der geplanten ungarischen Bankensteuer, geübt. "Die Höhe der Abgabe ist völlig unangemessen und inadäquat", sagte Nowotny bei einer Pressekonferenz in Wien.

Gemessen in Prozent der Wirtschaftsleistung sei die Abgabe weit höher als in Österreich. Ein Notenbankpräsident sollte Steuern zwar nicht kommentieren, und schon gar nicht in anderen Ländern, sagte Nowotny. Aber in diesem Fall erscheine ihm eine Koordinierung der Abgaben auch EU-Ebene dringend geboten. Und: "Eine so massive Steuer könnte negative Effekte auf die ungarische Wirtschaft haben."

Der neue ungarische Premier Viktor Orbán hatte Anfang Juni seinen Aktionsplan für die Wirtschaft präsentiert. Im Rahmen seines 29-Punkte-Katalogs hat er auch die Einführung einer Abgabe für Banken, Versicherungen und Leasing-Firmen angekündigt.

Dadurch soll der Beitrag derFinanzindustrie zum Budget von 13 auf 200 Mrd. Forint (also von umgerechnet 45,5 Millionen auf rund 700 Millionen Euro) erhöht werden, so der Premier. Diese Steuer soll für drei Jahre beschlossen werden. Zum Vergleich:In Österreich soll die Bankenabgabe rund 500 Millionen Euro bringen.

Noch ist die Abgabe in Ungarn aber nicht ausverhandelt. Und so wollte die Aussagen Nowotnys am Dienstag auch niemand im Budapester Wirtschaftsministerium kommentieren. Rumänien, das übrigens ebenfalls eine Bankenabgabe erwogen hat, hat entsprechenden Pläne laut Nowotny derzeit auf Eis gelegt. (szi, DER STANDARD, Printausgabe, 30.6.2010)