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Kulturmontag mit Marilyn Manson und Peter Wawerzinek, "Zurück in die Zukunft 3" (rechts oben) und "Die Millionenshow".

Foto Marylin Manson: Bilder REUTERS/Leonhard Foeger, Foto "Die Millionenshow": APA/ ORF/MILENKO BADZIC

Es soll ja Menschen geben, die den Fernseher aufdrehen, wie andere das Radio. Neben diversen lästigen Notwendigkeiten wie Kochen, Aufräumen oder Mails checken will man sich doch nicht völlig langweilen und schließlich läuft immer irgendwas. 

Dass sich Fußball lediglich als Hintergrundbeschallung äußerst schlecht eignet, ist offenkundig. Diesen Lärm soll nur in Kauf nehmen, wer auch das eine oder andere Highlight zu sehen bekommt. Und so machte sich erst mal Armin Assinger mit seinen Millionenshow-KandidatInnen breit. Der vermeintliche Sympathieträger rattert die Lebensläufe der ihm gegenübersitzenden KandidatInnen runter, seinen Redefluss vermag nur Unkonventionelles zu unterbrechen: "Sie san mit aaner Freindin do, des is oba net ihr Freindin - wos sogt oft do dera Freind dazu, wean sie do mit ihr ..." und so weiter und so fort. Eine Sekunde Assinger-Stimme im Ohr und schon rufen sich derartige Unterredungen vergangener "Millionenshow"-Sendungen in Erinnerung, somit wird also Platz gemacht für "Zurück in die Zukunft 3". Hervorragender Hintergrundstoff, hin und wieder witzige Dialoge, hin und wieder Krach und Bumm.

Es geht abwärts

Wegen Werbeunterbrechungen schaute zwischendurch aber doch Christian Feuerstein mit seinem "Thema" rein, der inzwischen Assinger abgelöst hat. Für die, die sexuelle Gewalt an Kindern besonders plastisch dargestellt haben wollen, war der Beitrag über Kirche und Opferschutz genau das Richtige. Ohne reinzuzappen weiß eine, dass es nur noch bei Doris Golpashin schlimmer werden kann, die sich gerne, oft und gut gelaunt in dem Magazin "Pink" über die junge Medienbegleiterin von Richard Lugner lustig macht. Die Lugner-Familie samt Sender benutzt die junge Frau auf brutale Weise um sich selbst als "die Gscheiteren" ins Bild zu rücken - deshalb ist Taste 4, die den besagten Sender anwählt, Tabu. Selbst dann, wenn eine weitere Alternative ein Plausch zwischen Ioan Holender und Dominic Heinzl auf ATV ist, die Michael J. Fox abgeklatscht haben. Ab 22.00 Uhr können uns die Privaten ja eigentlich wurscht sein, oder doch nicht ganz?

Inzwischen zur Fernsehvollbeschäftigung übergegangen verspricht der Kulturmontag nach der ZIB 2 leider auch nicht viel. Kunsthallendirektor Gerald Matt erzählt uns dort etwas über "existentielle Fragen", die "Schockrocker" Marilyn Manson neuerdings als Maler stellt: Ein Frauenkörper in "zartem" Aquarell, die Bäuche und Brüste aufgeschlitzt. Davor wurde noch gemeinsam mit Phil Collins über den Begriff "Jazz" gerätselt und Lukas Resetarits und Peter Patzak wurden zum neuen Kottan-Film interviewt. Dann nahm der Bachmann-Preisträger 2010 Peter Wawerzinek bei Moderator Martin Traxl Platz, dessen Fragen langsam schläfrig machten. Autor Wawerzinek schreibt in seinem Buch über seine Kindheit, er wurde von den Eltern in der DDR zurückgelassen. Traxl: "War das so eine Art, die eigene Geschichte loszuwerden?" oder "sind da alte Wunden aufgebrochen?".

Dem Klischee entwischt

Obwohl zwar kräftig daran gewerkelt wurde, entzieht sich Wawerzinek dem Klischee eines Arbeiterklasse-Genies. "Tischler, Totengräber, Stegreifpoet - haben sie viele Umwege gemacht?", wollte Traxl wissen. "Ich hab gedacht, dass es sich ganz gut ansteht für einen Schreiberling, wenn er eine irreführende Vorgeschichte hat." So ging wieder einmal eine Kulturberichterstattung mit 100 Prozent Männer als Kunstschaffende und ein insgesamt recht harter Fernsehabend doch noch witzig zu Ende. (Beate Hausbichler, dieStandard.at, 30.6.2010)