Basel - Sie gilt als Bank der Notenbanken - die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Umso erstaunlicher ist ihr Befund zur Krisenbekämpfung durch die Notenbanken. Deren niedrige Leitzinsen könnten "notwendige Anpassungen verzögern oder sogar verhindern" , schreiben die Ökonomen des Instituts in ihrem Jahresbericht. Indem der Finanzsektor billig kurzfristiges Geld aufnehme und zu hohen Zinsen langfristig verleihe, erscheinen "die Reduzierung des Fremdfinanzierungsanteils und der Verkauf oder das Abschreiben von Risikoaktiva weniger dringlich" .

Die BIZ sieht Parallelen zu "Endloskrediten" in Japan. "Während der langen Phase niedriger Normalzinsen in Japan in den 1990er-Jahren konnten Schuldner Anschlussfinanzierungen für Kredite abschließen, bei denen sie sich zwar die praktisch bei null liegenden Zinsen, nicht jedoch die Tilgungszahlungen leisten konnten" , schreibt die BIZ. Die Banken verlängerten somit die Kredite, statt sie abzuschreiben, um Eigenkapital zu schonen. "Dadurch verzögerten sich die notwendigen Bilanzsanierungen."

"Verbleibende Schwächen des Finanzsystems zusammen mit den Nebenwirkungen der anhaltenden Intensivbehandlung drohen einen Rückfall des Patienten zu verursachen und die Reformbestrebungen zu untergraben" , heißt es in dem Jahresbericht weiter. Die Turbulenzen an den Finanzmärkten in der ersten Jahreshälfte hätten die geringe Stabilität des Finanzsystems in der industrialisierten Welt deutlich gemacht.

"Was wir Ende 2008 und Anfang 2009 erlebt haben, könnte sich durch einen Schock beliebiger Größenordnung wiederholen" , meinen die Experten. "Jedoch besteht im Gegensatz zu jener Krise kaum noch Spielraum." BIZ-Generaldirektor Jaime Caruana ging in seiner Rede vor der Jahreshauptversammlung sogar noch einen Schritt weiter: "Der Spielraum für wirtschaftspolitische Maßnahmen ist enger geworden." Gefordert seien deshalb eine rasche Sanierung der Staatshaushalte und eine geldpolitische Kehrtwende der Notenbanken. Die BIZ drückt dabei trotz des Risikos, den Aufschwung wieder abzuwürgen, aufs Tempo: "Wir können mit der Normalisierung der Wirtschaftspolitik nicht warten, bis wieder ein kräftiges Wirtschaftswachstum eingesetzt hat" , sagte Caruana. (red, Reuters, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.6.2010)