Am internationalen Tag gegen Drogenmissbrauch und -schmuggel am Wochenende zeigen die Behörden Besuchern beschlagnahmte Drogen in der Stadt Wuhan in Zentralchina.

Vor allem synthetische Drogen sind auf dem Vormarsch, seit kurzem werden auch für ihre Herstellung Todesurteile verhängt. 

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Behelmte Polizisten nehmen mit Maschinenpistolen im Anschlag Stellung, als 3750 Päckchen Heroin angeliefert werden. Auf acht gußeiserne Kesselbecken wird das Rauschgift verteilt und in Brand gesteckt. Der Staatssender CCTV übertrug diese dramatische Inszenierung anlässlich des internationalen Tages gegen Drogenmissbrauch am Wochenende live vom Lin-Zexu-Museum der Stadt Humen in der Provinz Guangdong.

Das Rauschgift stammte vom größten Drogenfund, der Chinas Zollfahndung je gelang. Im Oktober 2009 fand sie 1033 Kilo Heroin, versteckt in Bodenplatten aus Pakistan. Für die Zollbehörden war es ein weiteres Zeichen, dass sich kartellmäßig organisierte Rauschgiftschmuggler immer stärker nach China orientieren. Die Drogenhändler operieren nicht mehr vorwiegend aus dem Goldenen Dreieck (Birma, Laos und Thailand) heraus, sondern kommen aus der Region des "Goldenen Halbmondes" (Iran, Afghanistan und Pakistan).

Am Samstag brannten "Drogenfeuer" auch in anderen Provinzmetropolen bis hin nach Lhasa, wo Rauschgiftfahnder seit 2005 mehr als sechs Kilo Heroin, 287 Kilo Marihuana und große Mengen synthetischer Rauschmittel beschlagnahmen konnten. Drogenhandel und Konsum sind für China heute nicht mehr nur ein von außen kommendes Problem, sondern arten zur landesweiten Massenkriminalität aus. Offiziell sind 1,34 Millionen Chinesen drogenabhängig - die Dunkelziffer ist vielfach höher.

Zur Abschreckung ließen Pekings Justizbehörden im Vorfeld des Antidrogentages in China 14 Todesurteile gegen Großdealer vollstrecken. Nach Angaben des Pekinger Obersten Volksgerichts bestrafte Chinas Justiz 2009 in 51.000 Verfahren mehr als 56.000 Personen wegen Drogenbesitzes und -handels, um 16,5 Prozent mehr Fälle als 2008. Fast jeder dritte Täter (17.462) wurde zu einem Strafmaß von "fünf Jahren Haft bis Todesstrafe" verurteilt, um neun Prozent mehr als 2008.

Mehr synthetische Drogen 

Neben Heroin ist auch in China der Missbrauch synthetischer Rauschgifte auf dem Vormarsch. Die Drogenfahnder stellten heuer bis Mai 2,4 Tonnen Methamphetamine (Ice) und 2,1 Tonnen Ketamin, ein als Designerdroge missbrauchtes Schmerz- und Narkosemittel, sicher. 2009 waren 40 Prozent der in China beschlagnahmten Rauschgifte synthetische Drogen, sieben Prozent mehr als 2008. Der Anteil an Heroin, Opium, Kokain oder Marihuana fiel auf 59 Prozent zurück, sieben Prozent weniger als 2008.

Die Todesstrafe kann in China ab einem Besitz von 50 Gramm Rauschgift ausgesprochen werden. Noch vor zwei Jahren hätten Chinas Richter sie "im Allgemeinen" nicht über Hersteller oder Dealer synthetischer Drogen verhängt, sagte der Pekinger Richter Gao der Zeitschrift China Daily. Da deren Zahl aber "sehr zunahm, haben wir auch in solchen Fällen die Todesstrafe angewandt": In Sichuan wurden vergangene Woche etwa die Dealer Xia Zhijun und He Pingguan hingerichtet.

Der Handel mit Ketamin ist in Österreich und Deutschland verboten, weil das Mittel rezeptpflichtig ist, fällt aber nicht unter das Suchtmittelgesetz. In Großbritannien wird Ketaminhandel erst seit wenigen Jahren mit Gefängnis bestraft. (Johnny Erling, DER STANDARD - Printausgabe, 28. Juni 2010)