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Im Angesicht der Gnadenmutter in Mariazell beschlossen die Bischöfe den Weg aus der Krise.

Foto: Reuters

Während die heimischen Bischöfe ihr Maßnahmenpaket als großen Wurf feiern, hagelt es Kritik von Opfervereinigungen - Der Innsbrucker Bischof Scheuer spricht sich indes für eine Lockerung des Zölibats aus

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Die Hoffnung der österreichischen Bischöfe, dass mit dem jüngst beschlossenen Maßnahmenpaket gegen sexuellen Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen der Haussegen wieder gerade hängt, wird sich so wohl nicht erfüllen. Massive Kritik kommt nämlich vor allem vonseiten der Opfervertreter. Besonderer Dorn im Auge ist die von Schönborn am Mittwoch in Mariazell präsentierte Opfer-Stiftung, über die Entschädigungszahlungen abgewickelt werden sollen. Gelder werden künftig aber nur auf Empfehlung der von der Kirche eingesetzten "unabhängigen Opferanwaltschaft" unter der Leitung der ehemaligen steirischen Landeshauptfrau Waltraud Klasnic fließen. "Eine Farce ist das. Es zeugt von einer unglaublichen Gefühlskälte, die Opfer kirchlicher Gewalt so einfach an die Klasnic-Kommission zu verweisen. Die Taxierungen der Entschädigungsgelder können doch nicht die Tätervertreter vornehmen. Ich glaube, dem Herrn Kardinal fehlt emotional etwas", kritisiert Jakob Purkarthofer, Pressereferent der Plattform "Betroffener kirchlicher Gewalt" im Gespräch mit dem STANDARD.

130.000 Euro angemessen 

Die Forderungen von bis zu 130.000 Euro hält der PR-Fachmann für nicht überzogen: "Würde sich der Kardinal für 130.000 Euro solch schlimme Sachen antun lassen? Wohl kaum." Doch trotz Kritik will man eine Zusammenarbeit mit der Klasnic-Komission auch nicht gänzlich ausschließen. "Aber nur unter bestimmten Voraussetzungen: Kein direkter Kontakt zwischen Opfern und der Kommission und die Höhe der Entschädigungszahlungen müssen von unabhängigen Personen festgelegt werden. Was Kardinal Schönborn bereits kategorisch ausgeschlossen hat: "Wir werden uns nicht an Vorgaben von Rechtsanwälten halten, die sich derzeit lautstark zu Wort melden. Wir richten uns nach den Empfehlungen der unabhängigen Opferschutzanwaltschaft."

Bei seiner Sommervollversammlung hatte das Episkopat ein umfassendes Maßnahmenpaket abgesegnet. Die Kernpunkte: Aus der "Stiftung Opferschutz" kommen künftig - unabhängig von einer Verjährungsfrist - Schadenersatzzahlungen, bei Gefahr im Verzug wird der mutmaßliche Täter angezeigt, und eine Kommission in jeder Diözese soll künftig zusätzlich zu den Ombudsstellen eingesetzt werden.

Die Plattform "Wir sind Kirche" sieht in dem Maßnahmepaket einen "weiteren wichtigen Schritt in die richtige Richtung". Ausreichend sei dies aber noch nicht, erklärte Plattformvorsitzender Peter Hurka, vielmehr sei dies eine "Brandschutzordnung". Es brauche aber eine grundlegende Reform. Hurka präsentierte dazu ein Konzept für eine "neue Kirchenverfassung". Als "Eckpunkte" nannte Hurka die Prinzipien der Gewaltenteilung, der Subsidiarität, der Repräsentanz, der Mitwirkung sowie das Prinzip der befristeten Amtszeiten.

Scheuer gegen Zölibat 

Doch auch innerhalb der katholischen Kirche scheinen die Zeichen auf Veränderung zu stehen. Einen neuerlichen Versuch, den Zölibat zu diskutieren, wagte am Donnerstag der Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer in einem Ö1-Interview. Eine Änderungen der Zulassungsbedingungen für das Priesteramt würde eine "Entkrampfung und Entlastung" für die Kirche mit sich bringen. Scheuer kann sich auch bewährte verheiratete Männer als Priester vorstellen. Ebenso müsste auch das Diakonat für Frauen ein Thema sein. Er wolle diesen Weg aber nicht allein gehen; es brauche die Absprache mit anderen Ortskirchen und der Weltkirche. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD; Printausgabe, 25.6.2010)