Straßburg/Wien - Wenn Lesben und Schwule nicht heiraten dürfen, verstößt das nicht gegen ihr Menschenrecht. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) des Europarats in Straßburg am Donnerstag im Fall des Wiener Arztes Horst Schalk und seines Lebensgefährten verkündet - und damit bekräftigt. Auch, dass Schalk und seinem Freund zum Zeitpunkt der Beschwerde keine alternative Absicherung ihrer Beziehung offenstand, da die eingetragene Partnerschaft erst 2010 in Kraft trat, wurde nicht bemängelt. Für den Obmann der homosexuellen Initiative (Hosi) Wien, Christian Högl, eine "Enttäuschung" .

Dennoch sei die Entscheidung ein "positives Signal" , widerspricht der Wiener Rechtsanwalt Helmut Graupner. Denn die sieben Richterinnen und Richter der kleinen EGMR-Kammer hätten für europäisches Menschenrecht erstmals verbindlich festgestellt, dass lesbische und schwule Paare "Familien" sind. Damit werde homosexuellen Beziehungen eine Verbindlichkeit eingeräumt, die über jene des reinen "Privatlebens" hinausgeht, meint Graupner: "eine Aufwertung" .

Entscheidungen des EGMR über Individualbeschwerden sind im Einzelfall verbindlich. Mit ihnen geht außerdem die Aufforderung einher, die nationalen Gesetze an den Beschluss anzupassen. (Irene Brickner, DER STANDARD, Printausgabe, 25.6.2010)