Wien - Der kubanische Justizminister Roberto Diaz Sotolongo hat die drakonische Verurteilung von Dissidenten, die weltweit Kritik hervorgerufen hat, verteidigt. Diese Regimegegner seien "keine Gewissensgefangenen", sondern "Söldner einer ausländischen Macht", die sich in Kooperation mit dem Ausland "das Ziel" gesetzt hätten, "das politische System Kubas" und "seine demokratisch gewählte Regierung zu stürzen", sagte Diaz Sotolongo im Gespräch mit der APA. Die Verurteilung sei nach dem geltenden kubanischen Strafgesetz erfolgt.

"Wären in jedem anderen Land abgeurteilt worden"

Der kubanische Justizminister, der in Wien an der UNO-Drogenkonferenz teilnahm und sich bis zum Ostersonntag in Österreich aufhielt, betonte, die 75 Regimekritiker, die Mitte April zu hohen Haftstrafen zwischen zwölf und 27 Jahren verurteilt wurden, "sind von den Vereinigten Staaten materiell und finanziell unterstützt worden". Diese Transaktionen seien über die US-Vertretung in Havanna gelaufen. Auch in jedem anderen Land wären Oppositionelle wegen solcher Anschuldigungen - subversive Tätigkeit und Umsturzversuch - abgeurteilt worden.

Terrorbekämpfung

Diaz sieht das kubanische System durch die Wahlen zur Nationalversammlung vom 19. Jänner, in denen acht Millionen Kubaner bei einer Wahlbeteiligung von 98 Prozent die herrschenden Machtverhältnisse billigten, bestätigt. Freilich: Der Minister aus dem Führungsteam von Staatschef Fidel Castro erwähnte nicht, dass in dem Urnengang in dem kommunistischen Inselstaat nur eine Einheitspartei zur Wahl stand und sich exakt 609 Kandidaten um die 609 Sitze bewarben. Diese waren im voraus zu fünfzig Prozent von den Lokalparlamenten und zu fünfzig Prozent von regierungstreuen Massenorganisationen vorgeschlagen worden.

Mit dem Argument der Terrorbekämpfung rechtfertigte der Justizminister die Hinrichtung von drei Entführern einer Fähre, die ihre Passagiere mit dem Tode bedroht hatten. Diaz sprach dabei von einem "typischen Fall von Terrorismus". Den USA warf er vor, solchen "terroristischen Entführungen" Vorschub zu leisten. Von Florida und einer dort aktiven "kriminellen Organisation" aus würden illegale Schnellboote ausgeschickt, "die mit Menschen, Drogen und Waffen handeln".

Nach den Worten von Diaz fördere Washington die illegale Emigration. Obwohl seit 1994 eine Vereinbarung existiere, wonach von den USA jährlich bis zu 20.000 offizielle Visa ausgestellt werden können, erreiche deren Zahl nur 6.000 bis 7.000 im Jahr. Umgekehrt würden die illegal ausgereisten Kubaner in den USA sofort legalisiert. Diaz fügte hinzu, die Führung in Havanna habe die Anschläge vom 11. September in den USA umgehend verurteilt und danach ein Anti-Terror-Gesetz verabschiedet. Nach diesem Gesetz wurden auch die Fähren-Entführer verurteilt.

Wirtschaftlich geknebelt

Zwischen den Verurteilungen der Dissidenten und der Entführer und dem Irak-Krieg gebe es keinerlei Zusammenhang, hielt der Minister ausdrücklich fest. Kritiker hatten argumentiert, Kuba habe diese Gerichtprozesse im Schatten des Irak-Krieges durchgezogen. "Das hat überhaupt nichts damit zu tun." Kuba war unter den ersten Staaten, die den von den USA geführten Krieg im Irak verurteilten, sagte Diaz. "Dieser Krieg ist ungerecht, unnötig und illegal." Er sei unter Missachtung der UNO-Generalversammlung geführt worden und stelle einen Verstoß gegen die Menschenrechte und die UNO-Charta dar.

Der Vertreter der kubanischen Führung ist überzeugt, dass die Europäer mit einem besseren Wissensstand Kuba differenzierter gegenüber treten würden als die Amerikaner. Wirtschaftlich ist Kuba durch das Helms-Burton-Gesetz der USA, das Drittländern den Handel mit Kuba untersagt, geknebelt. Bei der Drogenkonferenz strich Diaz auf das Faktum heraus, dass Kuba am Schnittpunkt der Drogenproduktions- und der Drogenkonsumländer (USA, Europa) liegt und Maßnahmen zur Unterbindung der Drogenrouten unterstütze. (APA)