Die Gerüchteküche brodelt in Algerien. Seit das österreichische Fernsehen am Wochenende berichtete, dass die algerische Gendarmerie und Armee alle 31 verschwundenen Wüstenfahrer entdeckt habe, sind sich die algerischen Tageszeitungen einig: Die Befreiung stehe kurz bevor. Länger als eine Woche würde das Ende des mysteriösen Verschwindens der 15 deutschen, zehn österreichischen vier Schweizer, einem holländischen und einem schwedischen Touristen nicht mehr dauern.

Die Zeitungen sprechen von "Geiselnahme" und machen dafür radikale Islamisten verantwortlich. Alle anderen Hypothesen von Unfällen, Naturkatastrophen über Schmugglerbanden schließen sie aus. Von offizieller Seite gibt es keinerlei Bestätigung und auch kein Dementi. Folgerichtig gibt es auch keine offizielle algerische Reaktion auf die Behauptung in der letzten Ausgabe der Zeitschrift profil, mit den Geiselnehmern würde verhandelt. Berlin und Wien bestreiten dies. Von einer Geiselnahme will man nichts wissen.

"Alle Hypothesen werden weiterhin verfolgt", heißt es einstimmig. Und aus der Schweiz heißt es: "Von Verhandlungen war bisher nie die Rede." "Ich habe den Eindruck, dass nicht verhandelt wird", meint auch eine Stimme aus diplomatischen Kreisen. Die algerische Presse freilich sieht genau das Fehlen jeder Information als eine Bestätigung des Profilberichts. "Wenn es wirklich keinerlei Kontakte mit den Geiselnehmern gäbe, würde die algerische Regierung die gegenteiligen Informationen umgehend dementieren", meint die Redakteurin, die sich bei der unabhängigen Tageszeitung Liberté mit dem Fall beschäftigt. "Genau dieses Schweigen spricht Bände", ist sie sich sicher; die Regierung bereite eine Aktion vor.

Die Suche geht weiter

In der österreichischen Botschaft wird das nicht so gesehen. "Jeden Abend tauchen Gerüchte auf, dass in der Nacht etwas Entscheidendes passieren würde, und dann passiert doch nichts", erklärt der Koordinator des österreichischen Sonderkommission Thomas Buchsbaum. Die Suche in der Wüste gehe unvermindert weiter, widerspricht er den Berichten, wonach die Armee nicht mehr ausrücke. "Hier wird sogar mit Hochdruck gearbeitet", bestätigt per Telefon ein ortsansässiger Führer. Normalerweise verdient er sein Geld hauptsächlich mit deutschsprachigen Reisenden, seit ein paar Wochen steht er im Dienst der Armee und der Gendarmerie.

Über das Ergebnis der Suche will er nicht viel erzählen. Nur so viel weiß er: Die Steininschrift, die am 8. April laut Außenministerin Benita Ferrero-Waldner das Leben der Verschwundenen bestätigt haben soll, "gab es so nie". Bleibt die Frage, was die algerischen Behörden dann der österreichischen Ministerin erzählt haben. (DER STANDARD, Printausgabe, 22.4.2003)