Sommer war es in Österreich bisher nur in den Gartencentern. Manch Produzent wurde gerade einmal die Hälfte seiner Beet- und Balkonpflanzen los. Jetzt beginnt die Aufholjagd. Hohes Risiko ist die Branche freilich gewöhnt.

Foto: Standard/bellaflora

Gärtner brauchen heuer starke Nerven: Die Krise lässt die Gemeinden bei der Botanik sparen. Anderen Kunden war es fürs Garteln zu kalt. Und es grasen mehr branchenfremde Ketten den Markt ab.

***

Wien - Elisabeth Woisetschläger sehnt sich nach Sonne. Ihre Pflanzen bräuchten natürliche Wärme und Licht, seit Wochen müsse sie ihre Gewächshäuser heizen. Zum Glück mit Bioenergie, mit Gas und Öl wäre das eine Katastrophe, sagt sie. Heuer sei wohl eines der härtesten Jahre für ihre Branche. Der nasskalte Frühling machte Pflanzen krankheitsanfälliger, was den Einsatz von Chemikalien erhöhte. Gegartelt wird weniger, viele Produzenten blieben auf ihren Sommerkulturen sitzen, und nicht weniges wird unverkauft Kompost.

Woisetschläger baut mit ihrem Vater in Wien in sechster Generation Beet- und Balkonblumen an. Zu ihren Kunden zählen Bellaflora und Starkl. Sie sei in den Betrieb hineingeboren worden, es sei nicht leicht, auch wenn die Österreicher die Gartenkultur gut pflegten. Als Junger tue man sich das nur mit viel Liebe zu Blumen an.

Franz Praskac ist seit gut 40 Jahren im grünen Geschäft. Seine Familie hegt in Tulln mit 130 Mitarbeitern Bäume und Pflanzen auf einer Kulturfläche von gut 90 Hektar. Sein Sohn hat den Betrieb vor einigen Jahren in der fünften Generation übernommen. "Aber ich bin sein billigster Mitarbeiter, und wir ergänzen uns ganz gut."

Die widrige Witterung entlockt ihm nur ein Lächeln. Der gesamte Gartenbau sei ja nichts anderes als Risiko, ein Teil der Produktion sei meistens umsonst. Da ziehe man Bäumchen über zehn Jahre groß, in der Hoffnung auf Bedarf, "dann stellt man fest, zehn andere haben sie auch, und der Preis ist im Keller". Die harte Saison sei heuer jedenfalls kein Grund zur Panik.

Dass die Krise die Gärtner nicht ungeschoren gelassen hat, räumt Praskac dennoch ein: Die Gemeinden sparten bei neuen Sträuchern und Bäumen, denn es koste vielen schon der Erhalt des Bestehenden genug. Auch die Projektgeschäfte wurden weniger. Gärtner stürzten sich wie Geier auf kleinste Aufträge - "und je größer diese sind, desto schlechter werden die Preise".

Österreich zählte 2004 gut 1400 Gärtner, tausend davon leben von Zierpflanzen. Seither wurden keine Branchendaten mehr erhoben, fix ist nur, dass die Zahl der kleinen Betriebe deutlich sinkt. Investitionen in moderne Gewächshäuser sind hoch, willige Nachfolger mit grünem Daumen fehlen. Zumal es ihnen auch die wachsende Konkurrenz nicht leichter macht.

Wachsende Konkurrenz

Mehr als 570 Millionen Euro geben die Österreicher für ihr Grün aus, errechnete der Berater Regioplan. Neben Ketten wie Bellaflora und Baumärkten, die dafür zigtausende Quadratmeter große Center aus dem Boden stampften, grasen verstärkt branchenfremde Anbieter den Markt ab. Ikea und Hofer etwa. Seit heuer baut auch Rewe das Geschäft kräftig aus. Man habe dreimal mehr Bioerde verkauft als geplant. 50.000 Biogemüsepflänzchen, gezogen von der Simmeringer Gärtnerei Auer, seien in kurzer Zeit ausverkauft gewesen, berichtet eine Konzernsprecherin. "Natürlich tut uns das weh" , sagt Gabriele Starkl, Chefin des gleichnamigen Gartencenters. Man könne sich aber immer noch in vielem von den Supermärkten abheben.

Alois Wichtl kennt beide Branchen, die der Lebensmittel wie die der Blumen. Der frühere Chef der Metro Österreich wurde im Vorjahr Geschäftsführer von Bellaflora; das Unternehmen setzt mit 480 Mitarbeitern 85 Mio. Euro um. Die Saison sei durchwachsen, sagt er, ein schlechtes Jahr werde es dennoch nicht. Konsumenten besännen sich in Krisenzeiten auf eine Verschönerung des Eigenheims - und seien bereit, für Garten und Terrasse Geld auszugeben.

Herausforderung für die Branche ist die Nachwuchspflege. Geeignete Lehrlinge sind dünn gesät, vor allem männliche. Nicht, dass ihre Mädels nicht alles anpacken würden, sinniert Starkl. Aber hie und da wäre ein Mann schon gut. DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.6.2010)