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Ausschluss oder nicht Ausschluss? Tor oder nicht Tor? Fehlpfiffe haben auch in Südafrika schon Spiele entschieden.

Foto: REUTERS/Paul Hanna

Johannesburg - Der Fußball-Weltverband insgesamt, die Fifa also, stärkt den WM-Schiedsrichtern trotz der zahlreichen Fehlentscheidungen den Rücken. Franz Beckenbauer indes, nicht nur Lichtgestalt, sondern auch Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees, macht aus seiner Fassungslosigkeit kein Hehl. "Warum kriegt man das nicht hin? Früher hat man das Schiedsrichter-Gespann von allen Erdteilen zusammengestellt. Jetzt hat man Teams aus einem Land, und trotzdem funktionierts nicht" , sagte Beckenbauer als, weil er schließlich von irgendetwas auch leben muss, Experte für den TV-Sender Sky.

Beckenbauer plädierte deshalb einmal mehr für die Einführung von zwei Torrichtern. "Ich könnte mir - die Uefa hat's ja in der Europa League getestet - den zusätzlichen Schiedsrichter oder Assistenten neben dem Tor vorstellen" , sagte Beckenbauer, der betonte, dass das fragwürdige Tor des Brasilianers Luís Fabiano gegen die Elfenbeinküste nach zweimaligem Hands dann wohl nicht anerkannt worden wäre.

Die FIFA ist sehr zufrieden

Die Fifa sieht das erwartungsgemäß anders als ihr Exekutivkomiteemitglied. "Grundsätzlich sind wir sehr zufrieden mit den Leistungen. Fehler sind nur menschlich" , sagt Schiedsrichter-Kommissions-Chef José María García-Aranda. "Wir haben exzellente Vorstellungen gesehen. Mit Blick auf Entscheidungen, die wir für nicht gut genug halten, versuchen wir uns aber auch zu verbessern." Einzelne Entscheidungen will der Spanier nicht kommentieren. "Wenn ein Superstar den Ball weit über das Tor oder in Richtung Eckfahne schießt, stellt auch niemand gleich die Glaubwürdigkeit des ganzen Spiels infrage."

Am Montag hatte sich der Ärger über die WM-Schiedsrichter fortgesetzt. Beim 0:1 der Schweiz gegen Chile zeigte Khalil Al Ghamdi aus Saudi-Arabien neun gelbe und eine rote Karte wegen einer vermeintlichen Tätlichkeit des Eidgenossen Valon Behrami - bei der WM in Südafrika ein neuer Rekord. "Die rote Karte war aus meiner Sicht keine. Das war nicht mal eine gelbe. Ich finde, dass bei einer WM nur die besten Schiedsrichter pfeifen sollten, die auch sonst in den großen Ligen pfeifen - und nicht irgendwo am Strand" , sagte Schweiz-Coach Ottmar Hitzfeld und war damit outspoken für seine Verhältnisse.

Dass, wie von der Fifa behauptet, die weltbesten Schiedsrichter pfeifen, hält auch Neuseelands Kapitän Ryan Nelsen für einen schlechten Witz. "Wenn das die besten Referees sind, die die Fifa zu bieten hat, will ich die schlechtesten nicht sehen."

Ungleiche Regelauslegung

Am Wochenende hatten mehrere umstrittene Entscheidungen erneut die Gemüter erhitzt. So erkannte der Franzose Stéphane Lannoy beim Spiel zwischen Brasilien und der Elfenbeinküste (3:1) das Tor von Luis Fabiano trotz zweimaligen Handspiels an, zwei Ivorern ließ er brutale Fouls durchgehen, dafür sah kurz vor Schluss der brasilianische Spielmacher Kaká eine überzogene gelb-rote Karte.

Mit Blick auf die massive Kartenflut beim Spiel Deutschland gegen Serbien (0:1) hatte auch der dreimalige (deutsche) Weltschiedsrichter Markus Merk die ungleiche Regelauslegung der Referees bei der WM kritisiert. "Das ist Wettbewerbsverzerrung. Die Diskrepanz in der Regelauslegung bei der WM ist gravierend. Und es sind ja keine Einzelfälle."

Aktuell sorgt die Fifa mit der Ansetzung des deutschen Referees Wolfgang Stark für das entscheidende Gruppenspiel der Engländer gegen Slowenien für Verwunderung. Auch wenn Herr Stark als über jeden Zweifel erhaben gilt - einem Deutschen die Möglichkeit zu geben, über den möglichen deutschen Achtelfinalgegner zu entscheiden, ist zumindest unglücklich. (fri, sid, Der Standard Printausgabe 23.06.2010)