Wenn man so will, war der gestrige 22. Juni auch der kleine Schicksalstag für die großen Vorhaben in der heimischen IT-Forschung. Nahezu zeitgleich zur Prämierung bestehender Fit-IT-Projekte gab nämlich der Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) bekannt, welche Projekte aus dem Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien im Jahr 2010 eine Förderung erhalten. Das Gesamtvolumen dieser Mittel beläuft sich auf 5,1 Mio. Euro, eine fünfzehnköpfige internationale Jury wählte zehn Projekte aus 67 eingereichten aus.

Was in Zukunft wichtig werden soll und was nicht, also welche Schwerpunkte bei der Auswahl der Projekte gesetzt wurden, ist nicht einfach festzumachen. Das Exzellenzkriterium und die Güte der Projektanträge sind vor strategischen Überlegungen entscheidend für die Jury. Gemeinsamkeiten im Forschungsfeld sind dennoch klar zu erkennen.

So zeichnet sich das stark anwendungsorientierte Vorhaben des Teams rund um Monika Henzinger von der Uni Wien dadurch aus, dass es sich einer vermeintlichen Nischenproblematik annimmt, hinter der tatsächlich ein enormes wirtschaftliches Potenzial steht. Sogenannte "Sponsored-Search-Auktionen" , also Auktionen, bei denen der Preis für eine Reklame in Suchmaschinen ermittelt wird, haben große Schwächen: Niemand weiß zurzeit wirklich, was ein fairer Preis für diese Form der Werbung ist, weil auch der Wert eines Klicks auf diese Anzeigen nicht nach klaren Kriterien bestimmt werden kann.

Milliarden für den Klick

Fakt ist, dass mit dem Verkauf der Platzierungen nach Schlüsselwörtern im Jahr 2009 bereits 40 Milliarden Euro Umsatz gemacht wurden. Die "Google-Professorin" - als solche ist Henzinger in Fachkreisen bekannt, da sie als Forschungsleiterin von Google maßgeblich am Aufstieg der weltweit erfolgreichsten Suchmaschine beteiligt war - möchte nun mittels webtauglicher Spieltheorie Strategien für Online-Inserenten mit begrenztem Budget entwickeln.

Absturzgefahr beim Lesen

Unnötige Kosten, deren Größe nur schwer beziffert werden kann, interessieren auch die Teams um Marco Zapletal und um Helmut Veith von der TU Wien, wiewohl die Realisierung dieser Einsparungen noch in weiter Zukunft liegt. So weiß Zapletal, dass Geschäftsprozesse innerhalb eines Unternehmens schon oft untersucht wurden - allerdings gibt es noch großen Nachholbedarf bei der Analyse einer wachsenden Nachrichtenflut. Welche Informationen wirklich relevant sind und welche nur die Gefahr einer Ressourcenvergeudung darstellen, soll mit neuen Prozessanalysemethoden herausgefunden werden.

Veith dagegen glaubt, dass die wirklich großen finanziellen Einbußen in Unternehmen durch Computerabstürze verursacht werden. Sein Team will Tools entwickeln, die Software bereits beim Programmieren analysieren können, wodurch Fehlfunktionen a priori ausgeschlossen werden.

Bei der Gestaltung von Netzwerken gibt es zwei große Vorhaben: Michael Hentschel vom Austrian Institute of Technology geht davon aus, dass die Zukunft lokalen Quantennetzwerken gehört. Solche Netzwerke gelten als besonders sicher, die Komponenten dafür müssen aber erst entwickelt werden. Und Kurt Tutschku von der Uni Wien weiß, dass das zukünftige Internet aus vielen virtuellen Einzelnetzwerken besteht. Wie eine gute Zusammenarbeit der Netze als "Föderiertes Internet" aussieht, klärt er mit seinem Projekt.

Es sind also globale Herausforderungen, denen sich die Wiener Forschungslandschaft hier stellt. Gäbe es da nicht Harald Trost vom Forschungsinstitut für Künstliche Intelligenz, der mit seinem Projekt betont, wie wichtig lokale Sprachvarietäten in der Mensch-Maschine-Kommunikation sind. Soll heißen: Er will Computern nun auch das Wienerische beibringen. (Sascha Aumüller, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23. Juni 2010)