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Wien - Zwar gab es vor 200 Jahren noch keine mehrstündigen Fernsehübertragungen, trotzdem war das Volk bei den Hochzeiten der Herrscher live dabei und fieberte mit. Gesprächsthemen waren nach dem Ereignis mangels Nahaufnahmen aber nicht die Sehbehelfe der königlichen Turnmeister, sondern eher Anzahl und Aufmachung der Equipagen, die den Hochzeitszug begleiteten.

1810 feierte in Wien die 18-jährige Marie Louise Hochzeit - Fernhochzeit, besser gesagt, denn Napoleon, der 21 Jahre ältere Bräutigam, war in Paris unabkömmlich und wurde in Wien von Marschall Berthier vertreten. Die Vermählung der österreichische Prinzessin mit dem nicht anwesenden Erzfeind war wagentechnisch nicht gerade einfach auszustatten: Die meisten Adelsfamilien hatten ihre Pferde im Krieg verloren und durften, um Napoleons Prunk-Wünsche und die Schaulust des Volkes zu befriedigen, sich daher Hofpferde vom Oberstallmeisteramt ausleihen.

Womöglich knüpft das Kunsthistorische Museum an diesen Fuhrparkengpass an, wenn es seine Montagabend mit einem kostümierten Dragonerregiment eröffnete Ausstellung Napoleons Hochzeit in der Wagenburg im Schloss Schönbrunn einrichtet. Zu sehen sind hier bis Jahresende prächtige Festkutschen und diverse Staatskleider: beispielsweise das mit unendlich kleinteiliger Edelmetallstickerei verzierte Hofkleid, das die Marschallin Davout beim Empfang Marie Louises am napoleonischen Hof trug, oder mehrere mit prachtvollem Blumenmuster bestickte Fräcke des Wiener Hofes. Dafür, dass die prachtvollsten Fahrzeuge ihrer Zeit heute in Wien geparkt sind, hat Marie Louise übrigens 1814 selbst gesorgt und etwa den Gala-Staatswagen von ihrem Hochzeitstag oder jenen nicht weniger prunkvoll und detailreich geschmückten des Fürsten Schwarzenberg auf ihrer Flucht mit zurück in die Heimat genommen.

Nicht in der Wagenburg ausgestellt sind die Eheringe Napoleons - elf an der Zahl, die der Erzbischof in Wien weihte, auf dass einer dem abwesenden französischen Herrscher passen möge.

Porträtkunst

Das Bildnis Napoleons als König von Italien hätte hingegen auch in die aktuelle Sonderausstellung des KHM am Maria-Theresien-Platz gepasst: Dort sind, während der Sommermonate auch montags, Starke Köpfe aus der umfangreichen Porträtsammlung des Museums zu sehen. Ohne einer kunstgeschichtlichen Spur zu folgen, wurden hier Exponate aus mehreren tausend Jahren Porträtkunst zu zehn Themenblöcken gruppiert.

Das wirkt manchmal nur beliebig konstruiert: So sind unter dem Motto "Dynastische Kontinuitäten" Infantenporträts, Goldmedaillen und Elfenbeinbildnisse nur schwer zueinander in Verbindung zu setzen, während die Übertitelung "Zeichen der Verbundenheit" für kleine Präsente wie teure Schatullen und mit Miniaturbildern bemalte Schachteln und Etuis nur mäßig ambitioniert wirkt. Dem gegenüber stehen unausschöpfliche Themen wie "Ideal und Ähnlichkeit" (mit dem Ferraresischen Hofnarr von Jean Fouquet und der Alten Frau von Balthasar Denner) oder "Gesichter des Todes" , wo den Gemälden Schatten wachsen und der Tod aus dem Spiegel blickt.

Durchwegs lohnend ist der Blick auf "Präsenz und Lebendigkeit" jener Porträts, die in Dialog mit ihren Betrachtern treten: Etwa die Büste eines Mädchens aus Ravenna, das trotzig von seiner Lektüre aufblickt, bei der sie der Künstler (Antonio Lombardo) gestört hat. Oder Die Tochter des Künstlers (Jean Etienne Liotard), die mit ihrer Puppe posiert und damit einen fröhlichen Kontrast zu einer Reihe skeptisch blickender alter Herren bildet: Rembrandts Selbstbildnis aus dem Jahr 1660 und dem Philosoph des Altertums von Giovanni Savoldo. (Isabella Pohl, DER STANDARD/Printausgabe, 23.06.2010)