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Der Tenor Montag Abend am IST Austria: Grundlagenforschung und angewandte Forschung dürfensich nicht auseinander dividieren lassen.

Foto: REUTERS/Juan Carlos Ulate

Klosterneuburg - Nach der heftigen Debatte in den vergangenen Monaten, wie viel staatliche Mittel in Grundlagenforschung bzw. angewandte Forschung fließen sollen, war man Montag Abend bei einer Podiumsdiskussion zum Thema "Welche Forschung braucht Österreich?" am Institute of Science and Technology (IST) Austria in Maria Gugging (NÖ) um Ausgleich bemüht. Die beiden Forschungsbereiche dürften sich nicht auseinander dividieren lassen, waren sich die Teilnehmer beim ersten "Science-Industry Talk" einig, den das IST anlässlich seines einjährigen Bestehens gemeinsam mit der Industriellenvereinigung veranstaltet hat.

Als "kleingeistige Debatte" bezeichnete Edeltraud Stiftinger von Siemens Österreich die Diskussion der vergangenen Monate. Österreich müsse seine Kräfte bündeln. "Wenn man sich auseinander dividieren lässt, hat man keine Chance", so Stiftinger. IST-Präsident Thomas Henzinger, der auf eine lange internationale wissenschaftliche Karriere zurückblicken kann, hat "noch nie eine so kontroverse Debatte wie hier erlebt" und empfindet sie als "beleidigend für beide Seiten": Einerseits würde damit unterstellt, dass die Ergebnisse der Grundlagenforschung nicht anwendbar seien, andererseits, dass die angewandte Forschung intellektuell weniger anspruchsvoll sei. "Beides ist falsch", so Henzinger.

Die Wichtigkeit von Investitionen in Forschung

Der Geschäftsführer von Boehringer Ingelheim Österreich, Mittel- und Osteuropa, Christian Schilling, hat zwar Verständnis für die Debatte, schließlich gehe es um Budgetmittel und jeder kämpfe um sein Terrain. Aber auch er mahnt, dass man sich nicht auseinander dividieren lassen dürfe. Vielmehr müsse man klar machen, warum Investitionen in Forschung auch in Zeiten knapper Budgets wichtig seien. "Es geht darum, dass gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Forschungsmittel insgesamt wachsen müssen", so Schilling. Schilling, dessen Unternehmen mit dem Institut für molekulare Pathologie (IMP) in Wien seit Jahren ein reines Grundlagenforschungsinstitut finanziert, betonte auch den Beitrag der Grundlagenforschung für eine exzellente Infrastruktur, etwa in Form von hochqualifiziertem Personal, das man dann in der Industrie benötige.

Dem Rektor der Universität Wien, Georg Winckler, fehlt eine "europäische Innovationsnachfrage". So könnten etwa seitens der EU Aufträge zur Entwicklung von Prototypen für Quantencomputer oder zur Lösung von Problemen des Klimawandels erfolgen. Damit würde automatisch eine stärkere Brücke zwischen Grundlagen- und angewandter Forschung entstehen. Derzeit sei die Innovationsnachfrage in vielen europäischen Ländern nur national vorhanden, weshalb "das Rad ständig neu erfunden wird". Aber auch von der Industrie müsste eine stärkere Nachfrage nach Innovationen kommen, "die Unis sind da viel flexibler als die Industrie oft meint", so Winckler.

Appell

Wissenschaftsministerin Beatrix Karl appellierte in ihrem Eingangsstatement, dass man auch in Zeiten knapper Budgets nicht beide Forschungsbereiche gegeneinander ausspielen dürfe. "Wir brauchen exzellente Grundlagenforschung als Basis für exzellente anwendungsorientierte Forschung." In der für den Sommer angekündigten Forschungsstrategie der Bundesregierung (Karl: "Es sind nur noch einige kleine Abstimmungen notwendig") seien "wesentliche Forderungen meiner Community abgebildet", womit Karl wohl Universitäten und Grundlagenforschung meinte. Aber auch die Anliegen von Industrie und Wirtschaft seien darin "gut abgedeckt", so Karl. (APA)