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Fabio Capello appelliert ans Herz der Three Lions.

Foto: EPA/DENNIS M. SABANGAN

Port Elizabeth/Pretoria - England steht unter Druck. Der Mitfavorit benötigt am Mittwoch (16.00 Uhr) im abschließenden Gruppenspiel gegen Slowenien unbedingt einen Sieg, um nicht vorzeitig die Heimreise aus Südafrika antreten zu müssen. Seit 1958 waren die Engländer nicht mehr in der Gruppenphase einer Fußball-WM gescheitert. Ein weiteres Unentschieden dürfte nach dem 1:1 gegen die USA und dem 0:0 gegen Algerien aber zu wenig sein.

Die "Three Lions" waren nach einer souveränen Qualifikation bei der WM bisher nicht wiederzuerkennen gewesen - zahnlos, ideenlos, uninspiriert. Zudem hatten zuletzt Aussagen von Abwehrchef John Terry Spekulationen genährt, die Spieler hätten sich mit Teamchef Fabio Capello überworfen. Stimmt alles nicht, ist man im englischen Lager bemüht, zu betonen. "Ich will diese Episode hinter mir lassen und dieses wichtige Spiel für England gewinnen", versicherte Terry.

Tatsächlich ist es eines der wichtigsten Spiele seit Jahren. "Wir müssen mit dem Tempo und der Leidenschaft spielen, mit der wir das jede Woche zu Hause tun", meinte Mittelfeldspieler Frank Lampard. Diese Tugenden hatten die Engländer in Südafrika bisher vermissen lassen. Zudem hatte sich Wayne Rooney nach mehreren kleineren Verletzungen alles andere denn in Topform präsentiert.

Rooneys Problem liegt im Kopf

Capello ortete das Problem seines Schlüsselspielers aber nicht im körperlichen, sondern im mentalen Bereich. "Er ist völlig fit", versicherte der Trainer. "Das Problem liegt im Kopf." Zu groß sei möglicherweise die Erwartungshaltung in England. Seine Spieler hätten Versagensängste gehabt, hatte Capello schon nach dem torlosen Remis gegen Algerien erklärt. "Sie sind auf dem Platz nicht dieselben Spieler wie im Training. Das ist unglaublich, das muss aufhören", forderte der 64-jährige Italiener.

Rooney sei immer noch ein sehr wichtiger Spieler. "Er ist durch seine Bewegung und seine außergewöhnlichen Qualitäten für jeden Gegner gefährlich", sagte Capello. Der Stürmerstar von Manchtester United könnte gegen Slowenien erstmals allein an vorderster Front auflaufen, dahinter Kapitän Steven Gerrard als hängende Spitze. Mit Gerrard und Lampard im zentralen Mittelfeld hatte es - wie bisher in fast allen großen Spielen - nicht wirklich funktioniert.

Von seinem 4-4-2-System will Capello allerdings nicht abrücken. Dabei wird vom Großteil der anderen Nationen bei dieser WM bereits erfolgreich eine Formation mit einem Mittelstürmer praktiziert. In der Abwehr muss Capello neben dem an der Leiste blessierten Ledley King auch auf den gelb-gesperrten Routinier Jamie Carragher verzichten. Matthew Upson von West Ham United dürfte damit in der Innenverteidigung neben Terry sein WM-Debüt geben. Am linken Flügel könnte Chelseas Joe Cole in die Mannschaft rücken.

Slowenien reicht schon ein Remis

Die Slowenen haben deutlich weniger Personalsorgen - und eine deutlich bessere Ausgangsposition. Bereits ein Remis reicht dem Team von Matjaz Kek zum erstmaligen Aufstieg bei einer Endrunde. Bei der EM 2000 und der WM 2002 war Slowenien jeweils in der Gruppenphase gescheitert. "Als wir nach Südafrika gekommen sind, war unser Ziel das Achtelfinale. Daran hat sich nichts geändert", erklärte Kapitän Robert Koren. "Wir sind voller Selbstvertrauen."

Innenverteidiger Marko Suler ist mit einer Rippenprellung fraglich, für Ersatzstürmer Nejc Pecnik ist die WM nach einem Knöchelbruch vorbei. Der ehemalige GAK-Legionär Kek dürfte im Angriff neben Milivoje Novakovic entweder auf Zlatan Ljubijankic oder Zlatko Dedic setzen. Große Hoffnungen liegen in den Händen von Torhüter Samir Handanovic. Der Udinese-Keeper hatte in der Qualifikation schon einige große Kaliber zur Verzweiflung gebracht.

Das bisher einzige Duell der beiden Teams hatten die Engländer im vergangenen September mit 2:1 für sich entschieden. Im Testspiel in Wembley trafen Lampard per Elfmeter und Jermain Defoe, Ljubijankic gelang nur noch der Anschlusstreffer. England hofft zudem auf eine Wiederholung der Geschichte: 1990 hatten die "Lions" in den ersten beiden WM-Spielen ebenfalls 1:1 und 0:0 gespielt, ehe sie nach einem glücklichen 1:0 gegen Ägypten noch bis ins Halbfinale vorstießen. 

Duell der Sieglosen

 Im direkten Duell zwischen den bisher sieglosen Teams von Algerien und den USA  im Loftus-Versfeld-Stadion in Pretoria (ebenfalls am Mittwoch 16.00 Uhr) könnten die US-Boys mit einem Erfolg aus eigener Kraft die Runde der letzten 16 erreichen. Die Nordafrikaner wären mit einem Dreier hingegen nur dann weiter, wenn gleichzeitig England in Port Elizabeth gegen Slowenien nicht gewinnt.

Der "American Spirit" soll den Einzug ins Achtelfinale für das Land der unbegrenzten Möglichkeiten möglich machen. Der Confed-Cup-Finalist 2009 hat gegen die Briten aus einem 0:1 ein 1:1 gemacht und gegen die Slowenen nach einem 0:2 noch ein 2:2 gerettet. "Es gibt nicht viele Teams in diesem Turnier, die das hätten tun können, was wir getan haben. Darauf können wir stolz sein", posaunte Star Landon Donovan selbstbewusst. Das sei der "amerikanische Geist".

"Meine Mannschaft hat gezeigt, dass sie stets bis zum Schlusspfiff kämpft und alles gibt", meinte US-Teamchef Bob Bradley, der nur den gelb-gesperrten Stürmer Robbie Findley ersetzen muss, während sein Kollege Rabah Saadane seine Elf vom England-Match (0:0) wahrscheinlich unverändert lässt. "Wenn wir unser Potenzial abrufen, müssen wir vor keinem Gegner Angst haben. Dann können wir jeden schlagen", meinte Mittelfeldspieler Karim Matmour.

Eine Einheit

Auch Kapitän Antar Yahia glaubt an die Chance des Achtelfinales seines Team, das die favorisierten Briten gar nicht gut aussehen ließ. "Unsere Stärke ist, dass wir auf dem Platz als Einheit auftreten. Wenn wir das nicht tun, können wir auch gegen die USA nicht gewinnen", sagte der Verteidiger. Mittelfeldmann Mehdi Lacen, der die Partien der USA gesehen hat und von der Moral des Gegners beeindruckt war, fügte warnend hinzu: "Sie haben gegen Slowenien gezeigt, dass sie sich zurückkämpfen können."

Die noch torlosen Algerier haben mit nur einem Punkt die schlechtesten Aufstiegskarten. Die Nordafrikaner haben bei ihren bisherigen zwei WM-Teilnahmen (1982, 1986) die Gruppen-Phase nicht überstanden. Außerdem gelang ihnen in ihren jüngsten sechs Spielen nur ein Tor und das aus einem Elfer (1:0 gegen Vereinigte Arabische Emirate). Die USA haben seit 1950 immer das dritte und letzte Gruppen-Spiel verloren. Algerien ist nach 28 WM-Spielen erst der zweite afrikanische Gegner. Die Premiere 2006 ging gegen Ghana 1:2 verloren. (APA/Reuters/AFP)

Gruppe C (3. Runde):

SLOWENIEN - ENGLAND
(16.00 Uhr, Port Elizabeth, Nelson Mandela Bay Stadium, SR Wolfgang Stark/Deutschland)

Slowenien: 1 S. Handanovic - 2 Brecko, 4 Suler, 5 Cesar, 13 Jokic - 10 Birsa, 18 Radosavljevic, 8 Koren, 17 Kirm - 11 Novakovic, 14 Dedic

Ersatz: 12 J. Handanovic, 16 Seliga - 3 Dzinic, 6 B. Ilic, 19 Filekovic, 22 Mavric, 15 Krhin, 20 Komac, 21 Stevanovic, 9 Ljubijankic, 23 Matavz

Es fehlt: 7 Pecnik (Knöchelbruch)

Fraglich: 4 Suler (Rippenprellung)

Teamchef: Matjaz Kek

England: 1 James - 2 G. Johnson, 6 Terry, 15 Upson, 3 A. Cole - 7 Lennon, 14 Barry, 8 Lampard, 11 J. Cole - 4 Gerrard - 10 Rooney

Ersatz: 12 Green, 23 Hart - 5 Dawson, 13 Warnock, 16 Milner, 17 Wright-Phillips, 22 Carrick, 9 Crouch, 19 Defoe, 21 Heskey

Es fehlen: 18 Carragher (gesperrt), 20 King (Leistenverletzung)

Fraglich: 22 Carrick (Knöchelprobleme)

Teamchef: Fabio Capello (ITA)

ALGERIEN - USA
(16.00 Uhr, Pretoria, Loftus-Versfeld-Stadion, SR De Bleeckere/Belgien)

Algerien: 23 Mbouli - 2 Bougherra, 5 Halliche, 4 Yahia, 3 Belhadj - 13 Matmour, 19 Yebda, 8 Lacen, 15 Ziani - 21 Kadir, 7 Boudebouz

Ersatz: 1 Gaouaoui, 16 Chaouchi - 11 Djebbour, 17 Guedioura, 10 Saifi, 14 Laifaoui, 18 Medjani, 6 Mansouri, 12 Belaid, 22 Abdoun, 20 Mesbah, 9 Ghezzal

Teamchef: Rabah Saadane

USA: 1 Howard - 6 Cherundolo, 15 DeMerit, 5 Onyewu, 3 Bocanegra - 10 Donovan, 4 Bradley, 19 Edu, 8 Dempsey - 17 Altidore, 14 Buddle

Ersatz: 18 Guzan, 23 Hahnemann - 2 Spector, 7 Beasley, 9 Gomez, 12 Bornstein, 16 J. Torres, 13 Clark, 21 Goodson, 22 Feilhaber, 11 Holden

Es fehlt: 20 Findley (gesperrt)

Teamchef: Bob Bradley