Für Paare mit unterschiedlicher Staatsbürgerschaft war bisher nicht klar, welches Scheidungsrecht gilt. Das soll sich nun mit einer neuen Verordnung ändern.

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Wien - Überlegen Sie sich gut, ob Sie einen Iren heiraten - Sie könnten Probleme haben, ihn wieder loszuwerden. Malteser hingegen sind bald ungefährlichere Ehepartner. Grund ist eine Verordnung der EU, die binationale Scheidungen vereinfachen soll. Bisher galt bei solchen Scheidungen das "Windhundprinzip": Geschieden wurde nach dem Recht jenes der beiden Länder, in dem zuerst ein Gericht angerufen wurde. Wer schneller war, konnte sich also das Recht aussuchen. Das Urteil, das in dem Land dann getroffen wurde, musste auch vom anderen Land anerkannt werden. In Irland bedeutet das: keine Scheidung, bevor die Partner nicht mindestens vier Jahre getrennt gelebt haben. In Malta ist es noch strenger: Dort gibt es überhaupt keine Scheidung.

Tritt die neue Verordnung in Kraft, gibt es keinen Wettlauf mehr - dann ist einheitlich geregelt, welches Recht wann gilt (siehe Wissen). Während Irland sich der neuen Regelung nicht anschließen wird, ist Malta mit dabei, gemeinsam mit 13 anderen Ländern, darunter auch Österreich. Die Regelung betrifft auch Drittstaatsangehörige, die in einem der beteiligten Länder leben: Wollen sich also zwei Türken scheiden lassen, die in Österreich wohnen, und können sie sich nicht auf ein Recht einigen, wird nach den gleichen Kriterien entschieden, welches Recht gilt.

Viertel der Ehen betroffen

"Es geht vor allem darum, Rechtssicherheit zu schaffen und zu verhindern, dass sich Partner das für sie günstigste Scheidungsrecht aussuchen", sagt Paul Hefelle, Pressesprecher von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner. 2008 waren 4083 von 16.787, etwa ein Viertel, der Scheidungen in Österreich binational, bei den Eheschließungen waren es 2914 von 19.701. Die ausländischen Partner kommen dabei am häufigsten aus Exjugoslawien, in etwa 25 Prozent der Fälle. Bei etwa fünf Prozent der Ehen und Scheidungen waren beide Partner keine Österreicher.

Als nächster Schritt soll im Herbst ein Vorschlag der EU präsentiert werden, wie der Umgang mit Besitz nach Scheidungen einheitlicher geregelt werden kann. Zudem arbeitet das deutsche Institut für Familienrecht am einem europäischen Eherecht: Wenn Paare sich vor der Hochzeit einigen, nach diesem Recht zu heiraten, soll es für sie in der gesamten EU gelten - auch bei einer Scheidung.

Denn trotz der neuen Vereinheitlichung gibt es immer noch zahlreiche Probleme. Etwa das unsichere Aufenthaltsrecht für Exehepartner, die aus Staaten außerhalb der EU kommen (siehe Artikel "Fremdenpolizeiliches Interesse am Ende einer Ehe").

Unsicherheit kann dauern

In Einzelfällen, so Angela Magenheimer vom Verein "Ehe ohne Grenzen", überdauere diese Unsicherheit Jahrzehnte - und könne selbst nach längst erfolgter Einbürgerung des Betroffenen wieder aufleben. So im Fall eines aus Westafrika stammenden Mannes mit österreichischem Pass, der sich vor 17 Jahren von einer Wienerin scheiden ließ: "Zuletzt bekamen beide Vorladungen zur MA35, der Wiener Ausländerbehörde. Dort wurden sie befragt, wie die Ehe einst zustande gekommen sei, ob es sich nicht vielleicht um eine Scheinehe gehandelt habe".

Hätte sich dies aus der Befragung heraus ergeben, dem Mann wäre ein Staatsbürgerschaftsaberkennungsverfahren ins Haus gestanden: "Nach 17 Jahren ist das doch unglaublich!", ärgert sich Magenheimer. Bei der MA35 bestätigt Leiterin Beatrix Hornschall, "dass wir solchen Fällen im Fall geäußerten Verdachts nachgehen". (Irene Brickner, Tobias Müller/DER STANDARD-Printausgabe, 22.6.2010)