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Celso Amorim, Außenminister

Foto: AP/Punz

Wien - Brasiliens Außenminister Celso Amorim hält eine Reform des UN-Sicherheitsrats für überfällig. "Der Sicherheitsrat entspricht nicht mehr der politischen Realität", kritisierte Amorim am heutigen Montag bei einem gemeinsamen Pressegespräch mit seinem Amtskollegen Michael Spindelegger (VP) in Wien. Vielmehr spiegle er eine Realität wider, "die vor 65 Jahren echt war." Wie Österreich ist Brasilien derzeit als nicht-ständiges Mitglied in dem höchsten UN-Entscheidungsgremium vertreten.

Wenn der Sicherheitsrat auf die aktuelle Weltlage abgestimmt werden sollte, müsste seine Zusammensetzung überdacht werden, sagte Amorim, der auf die G-20 verwies, also die Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Darin seien unter anderen auch Staaten wie Brasilien, Indien oder Südafrika vertreten. Dem Sicherheitsrat gehören als ständige Mitglieder mit Veto-Recht die USA, China, Russland, Großbritannien und Frankreich an. Weitere zehn nicht-ständige Mitglieder wechseln sich in Zwei-Jahres-Rhythmen ab.

"Null Transparenz"

Amorim erinnert auch an die Anfang Juni beschlossenen neuen Atom-Sanktionen gegen den Iran, die von Brasilien und der Türkei abgelehnt worden waren. Die nicht-ständigen Mitglieder hätten über den ersten Entwurf der Sanktionen über eine Presseagentur erfahren, kritisierte der brasilianische Chefdiplomat. Dies sei "null Transparenz auf technischer Ebene" gewesen.

Die von Brasilien und der Türkei mit dem Iran unmittelbar vor Verhängung der Sanktionen ausgehandelte "Deklaration von Teheran" sei nie wirklich in Betracht gezogen worden. "Das lässt an Glaubwürdigkeit zweiflen. Dabei sind die Türkei und Brasilien Schwellenländer mit blütenweißer Weste, die mit gutem Willen nach Teheran gegangen sind." Dennoch respektiere Brasilien die Entscheidungen des Sicherheitsrats, auch wenn sie nicht immer geteilt würden, stellte der Außenminister klar.

Die "Deklaration von Teheran" sei nach wie vor "auf dem Tisch", betonte Amorim. Es freue ihn auch, dass einige europäische Länder auch die Bereitschaft zu weiteren Verhandlungen mit dem Iran gezeigt hätten. Spindelegger verwies darauf, dass Österreich die brasilianisch-türkische Inititive unterstützt habe. Sie sei prinzipiell gut gewesen, weil beide Partner - also der Iran und die Staatengemeinschaft - auf den Tisch gelegt hätten, "was wir nicht wollen": "Atomwaffen im Iran." Sie sei letztlich aber "als nicht ausreichend" erachtet worden. Nun gelte es weiter zu arbeiten, sodass "wir zur Dialogbereitschaft kommen."

Grundsätzlich betonten beide Minister die gute Kooperation zwischen Brasilien und Österreich, auch im Sicherheitsrat. "Es ist wichtig zu sprechen", formulierte Amorim, "selbst wenn wir nicht immer zu genau dem gleichen Schluss kommen."

Spindelegger begrüßte auch explizit, dass sich Brasilien jüngst "vermehrt in der Außenpolitik engagiert". Österreich wolle sich in diesen Punkten abstimmen. Daher habe er Ende Mai auch eine Lateinamerika-Reise unternommen. "Das ist der Auftakt einer interessanten Partnerschaft, auch in außenpolitischer Hinsicht." Wirtschaftlich sei Brasilien ohnehin schon zu einem "Global Player" geworden. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit werde bereits mit "neuen Impulsen" versehen, "wir wir das vor einigen Jahren nicht gedacht haben", so Spindelegger.

Brasiliens Außenminister hielt am Vormittag auch einen Vortrag an der Diplomatischen Akademie, die er in den 1960er-Jahren selbst besucht hatte. Am späteren Nachmittag war auch auch ein Zusammentreffen mit Bundespräsident Heinz Fischer geplant. (APA)