Wien - Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko war nur deshalb möglich, weil die beteiligten Manager mehr auf Kostensenkung als auf Sicherheit geschaut haben, sagt der Präsident des Weltverbands der Ziviltechniker (Fidic), Gregs Thomopulos. Aber dies dürfte sich nun ändern.

"BP ist ein Weckruf für alle Manager, dass sie sich viel mehr um Sicherheit kümmern müssen", sagt der Chef des US-Ingenieurskonzerns Stanley Consultants im STANDARD-Gespräch. "Manager werden daraus lernen, mehr auf die Warnungen ihrer Techniker zu hören, statt immer nur zu versuchen, Kosten zu sparen. Was immer sich BP auf der ,Deepwater Horizon' erspart hat, ist nichts im Vergleich zu den Kosten für Schadenersatz. Manchmal helfen Katastrophen, um schlechte Geschäftspraktiken zu verändern."

Diese Erfahrung werde besonders in Hinblick auf die Atomkraft notwendig sein, die Thomopulos für unverzichtbar hält, um den Klimawandel einzudämmen. Seit dem Unfall im AKW Three Mile Island im Jahr 1979 wurde die US-Nuklearindustrie nicht mehr ausgebaut, doch dies müsse sich ändern, sagt der US-Amerikaner griechisch-nigerianischer Herkunft, der anlässlich eines Kongresses zum 150. Jahrestag des Berufsstandes der Zivilingenieure in Österreich in Wien war, und verweist auf das Beispiel Europas.

"Wir müssen den CO2-Ausstoß reduzieren und die Abhängigkeit vom Öl aus dem Nahen Osten reduzieren, und das geht nur, wenn Atomkraft ein Teil der Lösung ist. Die Europäer sind viel weiter, vor allem die Franzosen, die ganz neue Sicherheitsstandards entwickelt haben. Das ist die Herausforderung für uns Ingenieure: Wir finden die Lösungen für die Probleme - wenn man uns lässt."

Alternativen wie "Clean Coal"-Technologie, die vor allem auf der Sequestrierung von CO2 beruht, ist noch viele Jahre von einem wirtschaftlichen sinnvollen Einsatz entfernt. Sobald die Konjunktur in den USA wieder anzieht, wird die Stromversorgung knapp, was zu Stromausfällen führen könnte, befürchtet Thomopulos.

Schärfere Regulierung

Er erwartet als Folge der Ölpest auch eine Verschärfung der Regulierung der Ölindustrie in den USA. Allerdings werde der Umgang mit solchen Bohrlecks für die US-Regierung auch in Zukunft besonders schwierig bleiben, weil ihr die Experten fehlen. Diese seien alle für die Ölkonzerne tätig und stünden für die öffentliche Hand nicht zur Verfügung.

Tiefsee-Ölbohrungen wie die der "Deepwater Horizon" aber müssten überhaupt ausgesetzt werden. "Es ist kein Zufall, dass bisher dort nichts funktioniert hat. Wenn man den Ort des Geschehens nicht selbst erreichen kann und auf Roboter angewiesen ist, dann wird es viel schwieriger, Probleme zu lösen. Niemand kann behaupten, dass Tiefsee-Bohrungen sicher sind." (Eric Frey/DER STANDARD-Printausgabe, 21.6.2010)