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Dominique de Villepin will Präsident werden

Foto: AP/Camus

"Damit alle in diesem Land wissen, dass sich in Frankreich etwas Neues erhebt": Mit diesem Ausruf lancierte Villepin am Samstag vor 5000 Anhängern seine neue Partei "solidarische Republik" (RS). Villepin brachte sich damit für die Präsidentschaftswahlen 2012 in Stellung. Obwohl er den Namen Nicolas Sarkozy nicht aussprach, war die einstündige, frenetisch applaudierte Rede einzig gegen den französischen Präsidenten gerichtet. Man könne "nicht akzeptieren, dass der Kärcher die Politik ersetzt", meinte der Ex-Premier mit Bezug auf Sarkozys Ausspruch, er werde die Immigranten-Vorstädte "mit dem Kärcher" reinigen. "Wir akzeptieren nicht, dass eine Regierung die Angst vor dem anderen, vor den Immigranten, dem Fremden, die Angst vor dem Islam instrumentalisiert."

Damit ging Villepin sowohl innen- wie außenpolitisch auf Distanz zu Sarkozy, der als Gendarm der Nation auftritt und die von Charles de Gaulle initiierte "politique arabe" Frankreichs durch einen betont US- und israelfreundlichen Kurs ersetzt hat. Sarkozy versuchte zwar tags zuvor das gaullistische Terrain zu besetzen, indem er in London die 70-Jahr-Feiern von de Gaulles Widerstandsappell (18. Juni 1940) gegen die Nazi-Besatzung anführte. Villepin setzte sich aber als der eigentliche Erbe de Gaulles in Szene. Er erinnerte an seinen legendären Auftritt im UN-Sicherheitsrat, wo er 2003 den US-Einmarsch im Irak gegeißelt hatte, und präsentierte sich betont sozial. So lehnte er die von Sarkozy angekündigte Erhöhung des Pensionsalters von 60 auf 62 Jahre als ungerecht ab und verlangt eine stärkere Besteuerung der Reichen.

Die flamboyante Inthronisationsrede des Politaristokraten übte durchaus ihre Wirkung aus. Doch Villepin musste seine ganze Familie aufbieten, um die 5000 Anhänger zu mobilisieren. Ohne ein breites Politikernetz - und ein dickes Portefeuille - wird er im Präsidentschaftswahlkampf nur eine zweitrangige Rolle spielen. Für Sarkozy kann er trotzdem gefährlich werden, wenn er die Altgaullisten in der Stichwahl 2012 aufrufen sollte, weiß zu wählen - obwohl dies dem Linkskandidaten in den Elysée verhelfen könnte. (Stefan Brändle aus Paris/DER STANDARD, Printausgabe, 21.6.2010)