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Da kennt Dmitri Medwedew keinen Spaß: Wenn Belarus (Weissrussland) nicht zahlt, gibt es auch kein russisches Gas.

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Russland macht Ernst: Der staatliche Gasmonopolist Gasprom bereitet sich bereits auf die Drosselung der Gaslieferungen nach Weißrussland vor. Sollte Belarus seine ausständigen Gasrechnungen nicht bezahlen, werden ab Montag zehn Uhr nur noch 15 Prozent Gas geliefert, kündigte Gasprom-Chef Alexej Miller an. Ein Krisenstab wurde bereits gebildet.

Russland fordert von seinem Nachbarland 192 Millionen Dollar (rund 155 Millionen Euro) an Ausständen. "Weißrussland hört nicht auf, für das Gas den Preis von 2009 zu bezahlen" , sagte Miller laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax.

Verhandlungen

Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko stritt am Freitag ab, dass sein Land Schulden bei Gasprom habe. "Wir führen gerade entsprechende Verhandlungen. Wenn man vom Gesichtspunkt Russlands ausgeht, dann gibt es Schulden. Wenn man davon ausgeht, was ich sage, dann gibt es keine", sagte Lukaschenko. Er rechne trotzdem mit einer Einigung.

Das Verhältnis zwischen Russland und Weißrussland ist in den vergangenen Wochen auf einem Tiefpunkt angelangt. Bei seinem letzten Besuch in Moskau vergangene Woche ließen die Gastgeber Präsident Dmitri Medwedew und Premierminister Wladimir Putin, Lukaschenko hungern. Bei einem Treffen mit Putin, das von halb elf bis ein Uhr nachts dauerte, wurde dem Gast sogar die Bitte nach einem Stück Brot abgeschlagen, berichtete das Boulevardblatt Moskowskij Komsomolez.

Streit um Zollunion

Zwischen Belarus und Weißrussland ist ein Streit um die von Russland initiierte Zollunion entstanden. Der Zollunion, die formal am 1. 1. 2010 in Kraft getreten ist, gehören Russland, Weißrussland und Kasachstan an. Mit 1. Juli soll ein einheitlicher Zollkodex in Kraft treten, den Weißrussland allerdings nicht ratifizieren will. Weißrussland, dessen Wirtschaft vom Export von Ölerzeugnissen abhängig ist, fordert die Abschaffung der Zollgebühren für russisches Rohöl. Darüber hinaus ist Lukaschenko, der sich im Februar 2011 der Präsidentenwahl stellen muss, nicht bereit, den von Russland erhöhten Gaspreis zu bezahlen. Der weißrussische Gasversorger Beltransgas hat statt der im Jänner vertraglich festgesetzten 169 US-Dollar pro tausend Kubikmeter nur 150 US-Dollar bezahlt. Gasprom drohte, dass 2011 der Preis auf 250 US-Dollar steigen könnte.

Laut einem Sprecher des weißrussischen Außenministeriums habe der Gasstreit zwischen Russland und Weißrussland keinen politischen Kontext. Ein ähnlicher Streit hatte im Winter 2007 zu einem Stopp der russischen Öllieferungen geführt. Damals waren Deutschland, Ungarn und Tschechien betroffen. Rund 20 Prozent der russischen Energielieferungen nach Europa führen durch Weißrussland.  (Verena Diethelm aus Moskau, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19./20.6.2010)