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"Wenn diese Katastrophe eines gezeigt hat, dann, dass es massive Korruption bei der Vergabe der Bohrrechte gibt" , sagt Greenpeace-Chef Naidoo.

Foto: EPA/Mondelo

Washington/Wien - "Darüber weiß ich nichts" und "ich bedaure den Unfall zutiefst" - viel mehr konnte BP-Chef Tony Hayward nicht sagen, als Kongressabgeordnete bei einem Hearing am Donnerstag von ihm wissen wollten, wie es zur Katastrophe im Golf von Mexiko kommen konnte und ob BP beim Bohren fahrlässig gehandelt habe. Genau das legen interne Firmendokumente jedoch nahe: "Was wir bisher herausgefunden haben, ist alarmierend" , meinte der Demokrat Bart Stupak.

Hilfe für Hayward kam vom Republikaner Joe Barton: Er entschuldigte sich beim BP-Chef dafür, dass die US-Regierung von BP 20 Milliarden Dollar in einem Entschädigungsfond sehen will. Das sei "Erpressung" durch das Weiße Haus. Der Abgeordnete musste sich später für die Aussage entschuldigen. Im vergangenenWahlkampf erhielt er 100.000 Dollar Spenden von Ölkonzernen.

"Wenn Sie mich fragen, wem ich mehr Schuld gebe an der Katastrophe, dann muss ich sagen: der US-Regierung" , meinte indes Greenpeace-Chef Kumi Naidoo am Freitag in Wien im Gespräch mit dem STANDARD. Denn die Regierung habe dabei versagt, sichere und strenge Regeln für Tiefseebohrungen zu erlassen.

"Wenn diese Katastrophe eines gezeigt hat, dann, dass es massive Korruption bei der Vergabe der Bohrrechte gibt" , sagt Naidoo. "Der US-Kongress ist das beste Parlament, das man für Geld kaufen kann." Der Einfluss der Ölindustrie auf die Politik müsse zurückgedrängt, das "Verschmutzer zahlt" -Prinzip Gesetz werden.

BP nicht allein schuld

Es sei verlockend, aber falsch jetzt nur BP verantwortlich zu machen. "Andere Ölfirmen wie Shell oder Texaco sind um nichts besser. Sie verhalten sich, als ob ihnen die Welt gehört. Sie haben jahrelang verhindert, dass über den Klimawandel gesprochen wird." Täglich rinne überall auf der Welt Öl aus Tiefseebohrlöchern aus - wenn auch in kleineren Mengen. "Wenn die Ölfirmen nicht bald weniger Ölfirmen und mehr Energiefirmen werden, dann werden sie zu Grunde gehen", meint Naidoo. "BP ist vielleicht nur das erste Opfer." Er sei nicht sicher, ob sich die Haltung der US-Regierung zur Ölindustrie ändern werde. Wähler sollten nur für Politiker stimmen, die sich gegen die Öllobby durchsetzen könnten.

Gelingt es BP bald, den Ölaustritt zu stoppen, dann würde sich die Wirtschaft der Golfregion in zwölf bis 18 Monaten erholen, die Natur in fünf bis zehn Jahren. Gelingt es nicht, dann könnten die Schäden nicht mehr gutzumachen sein, warnt der Südafrikaner Naidoo.

Inzwischen rinnt das Öl weiter: Erst im August, glaubt BP, wird das Loch gestopft werden können. In der Quelle lagern noch 97 Prozent des Öls, sie könnte noch bis zu vier Jahre weitersprudeln. 100 Milliarden Dollar Schaden wird die Ölpest verursachen, meint Louisianas Finanzminister John Kennedy - die 20 Milliarden, die BP zahlen will, seien nicht genug. (Tobias Müller/DER STANDARD-Printausgabe, 19.6.2010)