Bei HypoAlpeAdria und FPK "hätte ich schon gern paar Fragen gestellt": Wolf.

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STANDARD: Was halten Sie denn vom Donnerstag beschlossenen ORF-Gesetz?

Wolf: Zumindest gibt's mal ein Gesetz und damit auch die Gebührenrefundierung, die wir dringendst brauchen. Wirklich problematisch finde ich die Online-Beschränkungen, die da in den letzten Tagen noch hineingebastelt wurden. Den ORF genau bei dem Medium zu beschränken, das künftig am ehesten junge Leute erreicht, ist schon bemerkenswert weitsichtig. Und per Gesetz vorzuschreiben, dass wir pro Woche nicht mehr als 80 Berichte aus einem Bundesland bringen dürfen - da weiss man nicht, ob man den Kopf schütteln oder weinen soll.

STANDARD: "Die nahezu hemmungslose Einflussnahme der Politik auf den ORF ist natürlich kein neues Phänomen", haben Sie 2006 in ihrer legendären Dankrede zum Robert-Hochner-Preis gesagt. Das war wenige Monate vor einer Generaldirektorenwahl. Passt er auch 2010, zwischen neuem ORF-Gesetz und rund ein Jahr vor der nächsten Generaldirektorenwahl?

Wolf: Es hat in den letzten Jahren nicht für die Informationssendungen gestimmt, das ist ja schon mal ein großer Fortschritt. Aber die Kuhhändel rund um das ORF-Gesetz, die erinnern einen an die frühen 60er Jahre. Schrecklich.

STANDARD: Die Politik interessiert am ORF nur, wie sie im ORF vorkommt, sagt Gerd Bacher stets: Trifft das die medienpolitischen Entwicklungen auch dieser Tage?

Wolf: Dieser Satz stimmt seit es den ORF gibt jeden Tag, glaube ich.

STANDARD: Sie sind Österreichs Paradezwitscherer - was fasziniert daran denn so? Und gibt man damit nicht auch - in Sachen Social Media kein Einzelfall - ein Stück Privatsphäre auf? Macht das Dauerzwitschern nicht auch extra Stress? Haben Sie schon Tweets bereut?

Wolf: Das ganz Spannende an diesen neuen Medien ist der Rückkanal - dass es wirklich zu einem Dialog oder einer größeren Diskussion mit Zuschauern kommt. Und ich bekomme auf Twitter zahllose interessante Hinweise. Aber es ist schon zeitaufwändig. An Tagen, an denen ich moderiere, sicher ein- bis eineinhalb Stunden, die mir ja vorher nicht fad war. Bei den Tweets hatte ich mich bis jetzt, glaube ich, unter Kontrolle.

STANDARD: Ist Ihnen die "ZiB 2" abgegangen - aus der Perspektive vor der Kamera?

Wolf: Ehrlich, nach 15 Jahren Nachtarbeit hält man ein paar Monate Pause ganz gut aus.

STANDARD: Aus Ihren Tweets wissen wir, dass Sie es nicht bereut haben, dass nicht Sie Karl-Heinz Grasser interviewen mussten - (blöde Frage:) Warum denn?

Wolf: Ich danke Ihnen für diese Frage, supersaubere Weste, reines Gewissen, nichts zu verbergen, für Österreich nur das Allerbeste erreicht, Nulldefizit, superprofessionell, Riesenerfolg für den Steuerzahler ... Noch mehr?

STANDARD: Gab es in der Zeit Gesprächspartner/"ZiB"s, bei denen Sie es bereut haben, gerade nicht selbst fragen oder (im TV) kommentieren zu können?

Wolf: Als innerhalb von zwei Tagen die HypoAlpeAdria in die Luft flog und die FPÖ mit dem Kärntner BZÖ fusionierte, da hätte ich schon gerne ein paar Fragen gestellt, muss ich sagen.

STANDARD: Wie arbeitet man sich nach einem Dreivierteljahr mit etwas mehr Distanz zur österreichischen Innenpolitik wieder ins Thema ein?

Wolf: Man denkt einfach dran, dass es Menschen in anderen Jobs auch nicht leicht haben.

STANDARD: Was haben Sie in der Bildungskarenz gelernt?

Wolf: Wie angenehm es ist, mit Mitte 40 das erste Mal im Leben nur Student zu sein. Großartig! Für das Inhaltliche bräuchte ich etwas mehr Platz.

STANDARD: Wird man Erkenntnisse aus dem Studium in der "ZiB 2" merken können?

Wolf: Ich hoffe schon. Ich habe mich ja in meiner Master Thesis sehr ausführlich damit beschäftigt, wie man mit politischer Information auch ein jüngeres Publikum erreichen kann. Und was ich da gelernt habe, werde ich natürlich auch in der Redaktion einbringen.

STANDARD: Sie haben ein Post-Graduate-Studium in "Creative Leadership" abgeschlossen - sind Sie für die Moderation der "ZiB 2" nicht schön langsam überqualifiziert?

Wolf: Für eine Sendung, die jeden Tag über Innen- und Außenpolitik, Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft und häufig auch über Sport berichtet, kann man gar nicht überqualifiziert sein. Da ist man naturgemäß immer eher unterqualifiziert.

STANDARD: Creative Leadership klingt doch recht stark nach Führungsaufgabe: Spätestens 2011 besetzt der Stiftungsrat wieder die Stellen von Generaldirektor, Direktoren, und der General danach Senderchefs, Chefredakteure ... Wär da was dabei oder sagen Sie: Ich bin so gerne Anchorman der "ZiB 2" - ich will den Job, dazu vielleicht ein paar Bücher noch, bis zur Pension machen?

Wolf: Ich bin wirklich sehr gerne "ZiB 2"-Moderator. Ich bin allerdings ziemlich sicher, dass ich das nicht bis zu meiner Pension machen werde.

STANDARD: Haben Sie einen Traumjob?

Wolf: Ja, Privatgelehrter. Aber der Sponsor fehlt noch. (Harald Fidler/Online-Langfassung/DER STANDARD, Printausgabe, 18.6.2010)