Holender in Zitaten
Ein paar ausgewählte Zitate aus "Ich bin noch nicht fertig":
Holender über ... Sänger: "Ein Sänger, eine Sängerin benötigt normalerweise etwa zehn Jahre, bis er oder sie sattelfest integriert ist, die weitere Karriere dauert nochmals zehn Jahre, meist mit fallender Qualität; danach verpflichtet man eher den Namen statt der Leistung. Ausnahmen gibt es, sie bestätigen jedoch nur die Regel."
Regisseure: "Man muss sich lediglich hüten, Regisseure nach ihren Wünschen zu fragen. Sie wünschen sich jene, die sie bereits von einer früheren Zusammenarbeit her kennen. (...) Ich persönlich bin der Meinung, dass der Regisseur aus der Sängerbesetzung, die er vorfindet, das Beste herausholen muss."
Bundeskanzler: "Von den österreichischen Bundeskanzlern, mit denen ich es während meiner Zeit als Staatsoperndirektor zu tun hatte, ragten Franz Vranitzky und Wolfgang Schüssel zweifelsfrei heraus. Ihnen war die Oper, war die Musik im Allgemeinen ein Anliegen. Bei Vranitzky wusste ich, dass ich in wichtigen Angelegenheiten immer Gehör finden würde. (...) Noch nie habe ich uns gegenüber ein derartiges Desinteresse und eine solche Kälte empfunden, wie sie die seit 2008 im Amt befindliche Regierung an den Tag legt."
Wiener Philharmoniker und Staatsopernorchester: "Heutzutage sind die Philharmoniker dreimal so oft auf Tournee wie vor zwanzig Jahren, und die Philharmoniker-Konzerte in Wien haben sich verdoppelt. Das Finden einer vernünftigen Balance ist zu einer Quadratur des Kreises geworden. (...) Jeder hütet sich davor, gegen das 'Republikorchester' etwas zu unternehmen, doch für die Beibehaltung der wechselnden Tätigkeit des Opern- und Konzertorchesters tut man in den politischen Etagen nichts. Die Orchestermitglieder sind führungslos, müde und demotiviert und die gewählten Betriebsräte des Staatsopernorchesters immer in erster Linie daran interessiert, Politikern darin nicht unähnlich, wiedergewählt zu werden."
Bregenzer Festspiele: "Mit Kunst im Sinne des Werkes und dessen Schöpfer hat so etwas nur noch wenig zu tun, man generiert vielmehr ein Unterhaltungsereignis. Und der Vorwand dafür ist eine Oper."
Salzburger Festspiele: "Ich fühlte mich dort stets fremd, der gesellschaftliche Anteil überwog immer den künstlerischen. Obwohl mich mit Gerard Mortier, der die Festspiele nach Karajan leitete, vieles, auch Persönliches verbindet und ich auch mit seinem Nachfolger Peter Ruzicka (...) in einem Naheverhältnis war, fiel es mir immer schwer, im Sommer in der von Möchtegernen und Wichtigmachern dominierten Festspielstadt zu verweilen. Wobei es so schlimm wie derzeit noch nie war."
Theater an der Wien: "Deshalb ist das Theater an der Wien heute nur ein Gebäude, in welchem vor langer Zeit Wichtiges stattgefunden hat und das gelegentlich auch Oper spielt. Warum das so ist, liegt an einer falschen oder besser gar keiner Kulturpolitik, parteipolitischem Gezänk und persönlichen Eitelkeiten zwischen Vertretern der Republik und der Stadt Wien."
Carlos Kleiber: "Der größte Dirigent, der größte Musiker überhaupt, den ich in meinem Leben kennen gelernt habe."
Seiji Ozawa: "Seiji Ozawa ist vom Charakter und seiner Einstellung zum Leben und seinen Mitmenschen gegenüber eine Person von hoher und rarer Qualität. Ein Mann ohne Feinde, dem auch jeder Dirigentenkollege den Erfolg und die Anerkennung gönnt. Mir persönlich war er stets ein fairer Partner, mit dem mich eine tiefe menschliche Beziehung verband."
Franz Welser-Möst: "Franz Welser-Möst hatte ich als echten Mitstreiter kennen und schätzen gelernt, einen, mit dem ich harmonisch zusammenarbeiten konnte, auch wegen unseres ähnlichen Geschmacks in Bezug auf Stimmen und Bühnenästhetik. Er trifft klare und rasche Entscheidungen, ist verlässlich und meidet, wie ich, Zeitverschwendung mit so genannten imagebringenden gesellschaftlichen Aktivitäten."
Stephane Lissner: "Er verfügt über ein gutes und breitgefächertes Netzwerk, hat gute Beziehungen zu allen, die prominent und bekannt sind, und keine eigene Meinung."
Otto Schenk: "Belangloses wie die Schenk-Inszenierungen, die jahrzehntelang nie jemanden gestört, aber auch niemanden interessiert haben. (...) In der Staatsoper aber wollten weder Waechter noch ich Otto Schenk weiter inszenieren lassen - und eigentlich wollte auch er nicht mehr. Und was die Wiederaufnahme seiner eigenen Inszenierungen betrifft, nur so viel: Kein Regisseur weiß nach Jahrzehnten noch, was er ehemals vorhatte, Schenk wusste es schon gar nicht."
Elina Garanca: "Leider kann allzu schnelle Berühmtheit auch den Charakter eines Menschen verändern. Die Art, wie Garanca sich in der Folge von Staatsopernvorstellungen entfernte, war alles andere als vornehm."
Neil Shicoff: "Der Wunsch des Kanzlers (Alfred Gusenbauer, Anm.), den sechzigjährigen Tenor Neil Shicoff zu meinem Nachfolger zu machen, war mir nicht unbekannt. Ich hielt von dieser Idee wenig, weil Shicoff dieser Aufgabe meiner Ansicht nach nicht gewachsen war. Er sprach, obwohl er seit fast zehn Jahren hier lebt, kein Wort Deutsch, wusste nichts über Gewerkschaft, Arbeitsrecht, Kollektivverträge etc. und war bildungsmäßig wenig beschlagen. Außerdem besaß er ausgeprägte monomanische Züge."
Dominique Meyer: "Dominique Meyer als meinen Nachfolger einzusetzen fand ich eine gute Idee. Zudem spricht er Deutsch und ist ein gebildeter Europäer. (...) Ich schlug Meyer vor Jahren auch als Volksoperndirektor vor, doch er wollte lieber in Paris bleiben. Für die Staatsoper hatte er sich ganz normal beworben, und jetzt schien ihm die Zeit für Wien auch richtig zu sein."
Seinen Abschied: "Am Morgen nach meiner Rückkehr aus Schweden schickte ich ein handgeschriebenes Fax an die Austria Presse Agentur, in dem ich meinen Entschluss mitteilte, für eine Verlängerung nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Ich war dann erstaunt, dass die Meldung schon eine halbe Stunde später, in den Neun-Uhr-Nachrichten, gebracht wurde. (...) Mein Verstand sagt mir, dass die Entscheidung, jetzt zu gehen, richtig ist, und er sagt mir auch, welches Privileg es war und ist, dies alles bis zum Alter von 75 Jahren machen zu dürfen und dennoch zu wissen, dass ich noch nicht fertig bin. Was mein Herz und mein Gemüt dazu sagen werden, das weiß ich jetzt noch nicht."