Kritische Haltung zur Nazi-Kunst zeigt sich auch in der Hängung. Information auf Höhe der Augen, darüber und darunter die Bilder. Vorne: Maurachers "An die Kunst".

Foto: Loske

Graz - Die fünf Soldaten schauen in verschiedene Richtungen, zweifelnd, mancher sogar ängstlich. Hinter ihnen türmen sich unheilvolle Wolken über einer Ruine, die ganze Szene ist düster. Nichts ist hier heroisch, und man glaubt vor einem Gemälde zu stehen, das sich kritisch zum Krieg und dem Regime, dessen Uniform die Männer tragen, äußerst.

Doch der Maler, der das Bild Stoßtrupp 1941 malte, der Grazer Johannes Wohlfart, war einer jener, die es sich mit der NS-Diktatur gerichtet hatten. Einer der vielen, die vor 1938 schon anerkannte Künstler waren und auch nach 1945 nahtlos mit ihrer Karriere fortfuhren. Die Ausstellung Die Kunst der Anpassung, die am Dienstag im Grazer Stadtmuseum eröffnet wurde, zeigt kritisch distanziert Arbeiten aus der lange tabuisierten Zeitspanne, als sich Künstler aus Vereinigungen wie der Sezession Graz, dem Künstlerbund Graz oder dem Steiermärkischen Werkbund plötzlich in der Reichskulturkammer wiederfanden.

Doch die einzelnen Biografien unterscheiden sich auch. "Wir wollten differenzieren, ohne zu relativieren" , erklärt Kurator Günther Holler-Schuster, der auch an der legendären Ausstellung Moderne in dunkler Zeit 2002 in der Neuen Galerie mitwirkte, wo die andere Seite der damaligen Kunstszene gezeigt wurde. "Natürlich war das damals die erfreulichere Arbeit: Den Künstlern verspätet Gehör zu verschaffen, die verfolgt wurden" , erklärt Holler-Schuster.

In der aktuellen Schau wolle man "weder pauschal verurteilen, noch freisprechen" . Für ambivalente Personen ist der eingangs erwähnte Wohlfart beispielhaft: Schon vor dem Anschluss reiste er nach Deutschland und berichtete daheim beseelt von der großen Kunstszene, später distanzierte er sich von den Nazis und wurde 1943 vorzeitig aus der Wehrmacht entlassen, da er laut Attest "körperlich und psychisch schwer angeschlagen" war.

Andere machten bis zum Schluss inbrünstig Nazikunst, um sich später ebenso pathetisch davon zu distanzieren: Karl Mader etwa, der auch Hitler besonders gefallen haben soll, malte stramme, nackte Männer der Marke Siegfried mit Schwert und schrieb später in einem Brief an Kanzler Leopold Figl, das alles nur getan zu haben, um malen zu können.

Hanns Wagula machte NS-Propaganda-Plakate und Filme, um 1946 seine druckgrafischen Künste der KPÖ zu verkaufen. Heinz Reichenfelser und Fritz Krainz schufen Nazi-Plakate, dann Plakate für ÖVP, SPÖ und KPÖ. Auch der Bildhauer Hans Mauracher stellte sich rasch auf die neue Zeit ein: Eine Skulptur, die ursprünglich zwei Männer darstellte, die ein Hakenkreuz trugen, wurde An die Kunst getauft und das Symbol durch eine Lyra ersetzt. Im ehemaligen Haus Maurachers fand sich übrigens unter einem Kohleberg im Keller eine Büste eines NS-Soldaten - auch sie wurde für die Schau ans Licht geholt. (Colette M. Schmidt/DER STANDARD, Printausgabe, 16. 6. 2010)