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Arigona Zogaj, jetzt 18 Jahre alt: Dass sie in Österreich gut integriert ist, half ihr vor dem Verfassungsgerichtshof ebenso wenig wie der Umstand, dass sie von Kindesbeinen an hier lebt.

Foto: APA/Fesl

Wien/Vöcklabruck - Maria Fekter will Fakten schaffen: "Arigona Zogaj muss Österreich verlassen", verkündete die Innenministerin Montagmittag - und gehe die junge Kosovarin nicht freiwillig, so werde sie "von der Fremdenpolizei abgeschoben". FPÖ und BZÖ weiteten dies aus: Zogaj und Familie sollten "sofort" außer Landes gebracht werden. Allerdings ließ Fekter anklingen, dass die Familie danach die Möglichkeit habe, später auf legalem Weg wieder nach Österreich zu kommen.

Damit reagierten die Politiker auf die Nachricht, dass der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Ausweisung der kosovarischen Familie durch die zweite Asylverfahrensinstanz, den Asylgerichtshof (AGH), bestätigt hat. In dem am 12. Juni 2010 - vergangenen Samstag - ergangenen Spruch, der am Montag veröffentlicht worden ist, sehen die Höchstrichter keine Asylgründe für Arigona Zogaj (18), ihre Mutter Nurije (47) und ihre beiden kleinen Geschwister Albin und Albona; die Ausweisung der vier geht automatisch damit einher.

Humanitäre Lösung erhofft

Zogaj-Anwalt Helmut Blum zeigte sich "enttäuscht", SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim nahm den Spruch "zur Kenntnis". So wie auch Grünen-Menschenrechtssprecherin Alev Korun hofft er jedoch auf eine noch mögliche humanitäre Lösung - ob vor oder nach der Ausreise, führte keiner der beiden aus. Österreich zitierte Fekter mit der Empfehlung: "Freiwillig ausreisen und dann auf legalem Weg eine Einreise-Erlaubnis beantragen und wohl auch erhalten." Auf Standard -Nachfrage im Büro der Ministerin wurde diese mutmaßliche goldene Brücke aber nicht bestätigt.

Für die Zogajs selbst sei der VfGH-Entscheid ein harter Schlag, meinte Christian Limbeck-Lilienau, Besitzer des Schlosses Frein in Frankenburg, in dem die Familie wohnt: "Der psychische Zustand der Mutter ist nach wie vor sehr labil, nur wenn sie sich mit den Kindern beschäftigt, geht es ihr besser. Meiner Meinung nach kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie sich jetzt was antut."

Den nunmehr endgültig abgewiesenen Asylantrag hatten Arigona Zogaj und ihrer Mutter am 23. Dezember 2008 gestellt (siehe Chronologie). Laut VfGH hat der Asylgerichtshof außerdem zu Recht in einer Ausweisung der Zogajs kein menschenrechtliches Problem aufgrund ihres Privat- und Familienlebens erkannt. Zwar seien alle vier noch in Österreich befindlichen Familienmitglieder gut integriert.

Doch von den Deutsch- und Dialektkenntnissen der jungen Frau hin zu ihrem erfolgreichen Schulbesuch - von Zogaj-Anwalt Helmut Blum in seiner Berufung angeführt - sei dieses Sicheinleben im Wissen erfolgt, dass der Aufenthalt in Österreich nicht sicher war: Ein Umstand, der die Integration einer Person stark entwertet.

Rigide Rechtssprechung

Diesbezüglich berufen sich das österreichische Asyl- und das Höchstgericht gleichermaßen auf die bei diesem Thema sehr rigide Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR). Ebenso bei der von Blum aufgeworfenen Frage, inwieweit es akzeptabel sei, dass Arigona Zogaj durch eine zwangsweise Ausreise jetzt die Konsequenzen der Nichtbefolgung früherer Asylablehnungen durch ihre Eltern zu spüren bekomme; immerhin sei das Mädchen damals ein Kind gewesen. Doch laut einem EGMR-Spruch müssen sich minderjährige Kinder behördliche Entscheidungen betreffend ihrer gesetzlichen Vertreter "zu ihren Gunsten und zu ihren Lasten zurechnen lassen" - auch rückwirkend.

Bei der Fremdenpolizei Vöcklabruck wartet Leiter Martin Gwandtner jetzt den "Empfang des Akts ab". Dann werde der Familie ein Schreiben zugehen, mit dem sie binnen einer Frist Österreich freiwillig verlassen sollte, sagte er zum STANDARD. Die Länge der Frist könne "zwischen wenigen Tagen und mehreren Wochen" liegen. (Irene Brickner, Markus Rohrhofer/DER STANDARD-Printausgabe, 15.6.2010)