Es gibt immer eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute ist: Wir leben länger. Die schlechte: Wir werden das längere Leben nur bedingt genießen können. Wir werden auch länger arbeiten müssen. Sonst geht sich das staatliche Pensionssystem hinten und vorn nicht aus. Es wird schlicht nicht mehr leistbar sein.

Auf dem Papier hätte Österreich ein tadelloses Pensionssystem, das wäre die gute Nachricht. Männer gehen mit 65 Jahren in Pension, Frauen mit 60. Theoretisch. Die schlechte Nachricht aus der Praxis: Die Politik hat so viele Schlupflöcher zugelassen und geschaffen, dass Männer wie Frauen im Schnitt weit früher in Pension gehen - 70 Prozent vor dem gesetzlichen Pensionsalter. Das ist kein Zufall und kein Schlupfloch mehr, das hat in Österreich System und ist ein einladendes Tor. Wer kann, der flüchtet aus dem Arbeitsalltag. Experten rechnen damit, dass sich eine Dreiviertelmillion Menschen im besten Erwerbsalter im Ruhestand befindet. Das ist schön für diejenigen, die ihre Freizeit genießen, aber fatal für das System und diejenigen, die es finanzieren (werden) müssen.

Die gute Nachricht: Das System steht nicht vor dem Kollaps, auch wenn die Nachrichten aus der Krise schockierend sind. Die schlechte Nachricht: Offenbar braucht es diesen Schock aus der Krise, damit auch etwas geschieht. Gut: Es lässt sich rasch und leicht etwas ändern - etwa die Hacklerregelung abschaffen. Schlecht: 45 Jahre arbeiten sind dann doch nicht mehr genug. (Michael Völker, DER STANDARD, Printausgabe, 15.6.2010)