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Segolene Royal

Foto: Reuters

"Es war eine so schöne Geschichte..." - mit diesen Worten entschuldigte sich die französische Ex-Präsidentschaftskandidatin Segolene Royal für eine Peinlichkeit, die der sozialistischen Spitzenpolitikerin in ihrer Karriere unterlaufen ist. Sie fiel auf eine Wikipedia-Eintragung über einen erfundenen Naturforscher herein. 

Erfundene Geschichte

Wie die italienische Zeitung "Corriere della sera" berichtete, hatte Royal anlässlich des nationalen Tages gegen die Sklaverei am 10. Mai einen leidenschaftlichen Eintrag in Facebook veröffentlicht. Darin berief sie sich auf Léon Robert de L'Astran, geboren am 20. Jänner 1767 in La Rochelle, verstorben am 7. April 1861 in dieser Hafenstadt der Region Poitou-Charentes, ein Gelehrter, der oft nach Amerika reiste, einmal sogar gemeinsam mit General La Fayette. Der große Humanist Astran, dessen Vater mit Kakao-Plantagen in Äquatorial-Guinea reich geworden war, widersetzte sich der Sklaverei und dem Transport von Sklaven auf den von seinem Vater geerbten Schiffen. Die durchaus glaubwürdige und detailreiche Geschichte, die noch dazu in Poitou-Charentes spielt, dessen Regionalrat Royal vorsitzt, hat nur einen Haken: sie ist komplett erfunden. Ein Student hatte sie 2007 in Wikipedia gestellt. Von dort gelangte die Story auch auf auf eine Homepage über französische Schlösser, der Hotelverband bot eine interessante "Astran"-Route rund um La Rochelle an.

Weitere Fettnäpfchen

Nach den Ausführungen Royals über Astran schritten die Historiker Jean-Louis Mahé und Jacques de Cauna ein und stellten fest, dass dessen Name in keinerlei Dokument aufscheine, es gebe keine Spur von ihm. Royal war in ein Fettnäpfchen getreten, es war keineswegs ihr größtes. So hatte sie einst die "Schnelligkeit" der chinesischen Justiz - die gerne Todesurteile fällt - gelobt. Ein anderes Mal hatte sie halb im Scherz gesagt, sie hoffe auf eine baldige Unabhängigkeitserklärung Korsikas von Frankreich.

Scherze

Royal ist aber nur eine von mehreren Prominenten, die Wikipedia-"Erfindern" auf den Leim gegangen sind. Britische Zeitung etwa zitierten nach dem Tod des Komponisten Maurice Jarre aus Wikipedia eine von einem irischen Studenten erfundenen Satz als Worte des Verstorbenen. Nach der Ernennung des CSU-Politikers Karl-Theodor zu Guttenberg zum deutschen Wirtschaftsminister ergänzte ein Journalismusstudent die acht weiteren Vornamen des Adeligen um einen weiteren - "Wilhelm" - und von "Spiegel Online" bis zur "Süddeutschen Zeitung" übernahmen selbst Qualitätsmedien diese Angabe ungeprüft.

Erfundener Philosoph zitiert

Auch er französische Intellektuelle Bernard-Henri Levy fiel so gründlich auf einen erfundenen Philosophen herein, dass er den vermeintlichen Denker sogar in einem Buch zitierte. Tatsächlich existiert das Werk eines gewissen Jean-Baptiste Botul nur in der Fantasie eines schelmischen Journalisten, der sich an Wikipedia zu schaffen gemacht hatte. Und der Anchorman des französischen Senders Canal plus, Bruce Toussaint, verbreitete im Februar mit ernster Stimme die Ente, wonach sich die zu einem Hilfseinsatz zu den Erdbebenopfern in Haiti entsandten rumänischen Truppen um tausende Kilometer verflogen hätten - wegen eines überzähligen "T": Tahiti statt Haiti. (APA)