Wien - Grünen-Umweltsprecherin Christiane Brunner erhebt schwere Vorwürfe gegen Umweltminister Nikolaus Berlakovich: "Wenn es um die Luftgüte geht, dann pickt er sich die Rosinen heraus - die Bundesregierung hat keinen Moment gezögert, sich von der EU Ausnahmen gewähren zu lassen, wenn es um die Erlaubnis für eine großzügigere Behandlung von Feinststaubimmissionen, den sogenannten PM10, gegangen ist. Aber wenn es jetzt darum geht, das Immissionsschutzgesetz Luft zu novellieren, dann bleibt Berlakovich säumig."

Bis zum Freitag hätte Österreich nämlich die Luftqualitätsrichtlinie (2008/50/EG) gesetzlich umsetzen müssen. Aber Berlakovich hat seinen Gesetzesentwurf noch nicht einmal dem Parlament zugeleitet. Im Ministerium heißt es dazu, dass dies eine schwierige Materie sei, bei der sich die Verhandlungen aber gut entwickeln. Berlakovich sei bemüht, alle Interessenten - darunter Wirtschaft und Bundesländer - ins Boot zu holen. Denn auf seinen ersten Entwurf hatte es massive Kritik gegeben, nicht zuletzt von der Grünen Brunner.

Die EU-Kommission wurde bereits informiert, dass es in Österreich zu kleineren Verzögerungen kommen werde - und am Rande des Umweltministerrats in Luxemburg am Freitag wurde bekannt, "dass sich manche Länder noch nicht einmal Gedanken gemacht haben, wie sie die Richtlinie umsetzen, wir sind im Vergleich ganz gut unterwegs und brauchen auch keine Konsequenzen der EU zu fürchten" , sagt ein Mitarbeiter des Ministeriums.

Brunner erscheint das allerdings zu wenig: "Ich habe daher schon einen Antrag im Parlament eingebracht, damit das Immissionsschutzgesetz Luft endlich zugunsten der Bevölkerung novelliert wird. Die Novellierung sollte auch Anlass sein, endlich die durch ein EuGH-Urteil vom Juli 2008 geforderten Bürgerrechte umzusetzen. Jeder Bürger muss den behördlichen Maßnahmenplan zur Reduktion der Feinstaubbelastung einem Gericht zur Überprüfung vorlegen können. Ein solches Verfahren fehlt derzeit."(Conrad Seidl/DER STANDARD, Printausgabe, 12.06.2010)