"Keine Frage, für einen schlechten Vortragenden kann ein berufsbegleitender Masterstudiengang schwierig werden" , sagt Reinhard Christl, Leiter des Instituts für Journalismus und Medienmanagement. "Diese Art des Studiums wählen Menschen, die schon länger im Berufsleben stehen und sich trotz Jobs und Familie entschließen, noch einmal die Schulbank zu drücken. Sie haben von der Ausbildung genaue Vorstellungen, wollen Neues erfahren und es auch in der Praxis umsetzen können." Helmut Holzinger, Geschäftsführer der FH des BFI-Wien, geht noch weiter: "Für unsere Studierende ist der Verwertungszusammenhang entscheidend. Wenn wir ihrem Anspruch nicht gerecht werden, Kenntnisse zu vermitteln, die sie umgehend anwenden können, ist das ein Problem. Praktisch relevante und aktuelle Beispiele sind im Unterricht ein Muss."

Aus Skripten und Büchern zu referieren sei für diese Zielgruppe keinesfalls das Mittel der Wahl, bestätigt Regine Bolter, Vizerektorin der FH-Vorarlberg: "Wenn jemand am Freitag um 14 Uhr oder wochentags am Abend müde zu uns kommt, dann können Sie ihn mit Frontalunterricht sehr schnell verjagen. Die Inhalte von Vollzeit- und berufsbegleitender Variante unterscheiden sich nicht, die Art und Weise, wie sie vermittelt werden jedoch sehr."

Bei der Auswahl von Lektoren ist daher besondere Sorgfalt geboten. "Gut 80 Prozent kommen aus der Praxis. Sie müssen in ihrem Fach wirklich up to date sein. Anders erfahren sie auch keine Akzeptanz bei unseren Studierenden" , so Christl. Über ein Sachgebiet einmal nicht perfekt Bescheid zu wissen sei aber keine Tragödie, ist Andreas Posch, Masterstudiengangsleiter Technisches Management der FH Campus Wien, überzeugt: "Niemand kann alles wissen. In vieler Hinsicht sind die berufserfahrenen Studierenden sehr verständig, weil sie auch ihre eigenen Schwächen kennen." Am Anfang des Studiengangs sich gut kennenzulernen und auch herauszufinden, welche Kompetenzen jeder Einzelne schon mitbringt, ist besonders wichtig, findet Posch: "So kann ich nicht nur gezielt auf die Bedürfnisse der Einzelnen eingehen, sondern noch dazu das Wissen der Teilnehmer gezielt einbeziehen. Dort, wo es Spezialisierungen gibt, können die Studierenden selbst Vortragenden und ihren Kollegen und mir viel beibringen."

Das sei einer der großen Vorteile von berufsbegleitenden Masterstudiengängen ist Christian Kollmitzer, Vizerektor der FH Technikum Wien, überzeugt: "Die Studierenden sitzen mit anderen zusammen, die aus vielen verschiedenen Branchen und Unternehmen kommen. Wir sehen auch, dass die Verbindungen, die während des Masters entstehen, sehr eng sind und es auch bleiben." Von Anfang an eine ganz klare Organisation zu bieten, sei gerade für Berufstätige sehr wichtig, sagt Kollmitzer: "Vom ersten Tag an wissen sie, an welchen Abenden und Wochenenden sie anwesend sein müssen, aber auch, welche Gebiete sie sich im Fernstudium aneignen werden."

Andererseits erwartet Posch von den älteren Studierenden viel mehr Eigeninitiative als von den FH-Neulingen: "Alle haben schon ein Basiswissen, auf das wir aufbauen können. Nichts wird einfach am Silbertablett serviert. Neues wird zusammen erarbeitet, in Präsentationen und vielen Diskussionen." Ob die Ausbildung zur Zufriedenheit aller abläuft, wird laufend hinterfragt, sagt Helmut Holzinger: "Die Fachbereichsleiter sind verantwortlich, dass das Niveau der Vortragenden stimmt und zwar nicht nur fachlich. In unseren Evaluierungsbögen wird genauso gefragt, wie es um die soziale Kompetenz der Lehrenden steht, wie sehr sie auf die Fragen der Studierenden eingehen. Einfach das Programm abspulen, das geht sicher nicht." Evaluierungen finden daher auch laufend statt. Und Feedback holt sich Holzinger nicht nur von den Studierenden, sondern auch von außen: "Wir wollen die neuesten Entwicklungen in unsere Curricula einbeziehen. Unsere Lehrpläne bleiben nicht über Jahre gleich, sie werden nachjustiert."

Das Schöne bei berufsbegleitenden Studiengängen, so Christl, sei: Niemand der Anwesenden habe mehr die Vorstellung, es gäbe auf eine Frage nur eine Antwort oder nur einer könne alles wissen: "Ich verstehe mich nicht als Präsentator, sondern ich moderiere zwischen den unterschiedlichen Erkenntnissen und Erfahrungen aller. Im Idealfall kann ich noch mit inhaltlichen Highlights beitragen." (Judith Hecht, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.6.2010)