In Wien tagen diese Woche zwei Sympathieträger unterschiedlicher Art: die Internationale der Banker und der nationale Ableger der Internationale des - so viel Scherz darf sein - Sozialismus. Aufeinandertreffen werden sie kaum, obwohl die Vorstellung, wie Werner Faymann Josef Ackermann von seiner Forderung nach "Gerechtigkeit" überzeugt und dieser erschüttert wenigstens auf einer Mindestsicherung bei den Bankerboni besteht, hätte etwas. Gegen eine derart subtile Form des Klassenkampfes könnte nicht einmal Die Presse etwas einwenden, die den "Klassenkampf" schon in Aufmachergröße auf die Titelseite malt, wenn nur der Gedanken auftaucht, man könnte Vermögenssteuern auf das Niveau anderer EU-Staaten heranführen, die bekanntlich auch nicht in den Klauen des Kommunismus schmachten.

Fast ausgeschlossen, einen solchen Reflex, jahrzehntelang antrainiert, loszuwerden. Den SPÖ-Vorsitzenden, der seiner (ersten) Wiederwahl entgegensieht, kann eine solche Stilisierung vor dem Parteitag nur freuen, eröffnet sie ihm doch die Chance, bei der Bewältigung der (nicht allein, aber schon auch) von den Banken verursachten Krise zumindest virtuell Profil zu gewinnen und das Gesudere über seine bisherige Amts- und Parteiführung einzudämmen. Vorausgesetzt, die Idee, kleine Spitäler ohne lokalpolitischen Segen zu schließen, verraucht bis zum Samstag.

Wo man sich weniger von Reflexen leiten lässt, verfolgt man den angeblichen Linksruck der SPÖ gelassener, weil man darin vorerst einmal nur Geplänkel vor dem Parteitag zwecks Hebung der Stimmung sehen will. Völlig von der Hand zu weisen ist diese Einschätzung nicht, denn Themen wie Finanztransaktionssteuer, Bankenabgabe, Managergehälter, Vermögenssteuern etc. sind seit Monaten im Gespräch, ohne dass sich daraus nennenswert etwas entwickelt hätte; und nicht, ob sie nun als Leitantrag beschlossen werden, ist wesentlich - das werden sie wohl -, sondern wie viel Druck von diesem Parteitag ausgehen wird, diese Forderungen gegen den zu erwartenden Widerstand des Koalitionspartners, auch in Form von mutwilligen Junktimierungen, durchzusetzen.

Beschlossen ist bald etwas, und wenn ein Beschluss dann auch noch lauten soll, "die SPÖ wird an praktikablen Modellen einer Vermögenssteuer arbeiten" , klingt das eher fromm als kämpferisch. Schließlich war lange genug Zeit, Modelle zu erarbeiten, nach denen nicht auch die kleinen Leute zur Kasse gebeten werden, und sie zum Beschluss vorzulegen. Aber es mangelt offenbar am Selbstvertrauen, dieser Bevölkerungsschicht die Angst vor einer Vermögenssteuer nehmen zu können, die ihren Spargroschen schonen soll. Nicht grundlos - der Mitgliederstand der SPÖ ist seit Ende der Ära Kreisky um zwei Drittel geschrumpft, und niemanden scheint es besonders zu kümmern. Der Kontakt mit dem Volk findet ohnehin besser über Inserate statt.

Übrigens: Ackermanns Gästen geht es blendend. Sie machen Milliarden, baden in Boni, nur mit den Politikern sind sie leicht unzufrieden. Die bilden sich ein, nur weil sie gewählt sind, dürften sie sich auch Bankenregelungen ausdenken. Aber wirklich gefährlich sind sie nicht. (DER STANDARD, Printausgabe, 11.6.2010)