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Der Chef der US-Notenbank, Ben Bernanke, sieht kaum Auswirkungen der Euro-Krise auf die USA.

Foto: AP/J. Scott Applewhite

Washington - Die Schuldenkrise Europas hat nach Einschätzung von US-Notenbankchef Ben Bernanke nur geringe Auswirkungen auf die USA. Die bisher absehbaren Folgen seien eher begrenzt, sagte Bernanke am Mittwochnachmittag (Ortszeit) bei einer Anhörung im Haushaltsausschuss des Repräsentantenhauses in Washington. Die Aussagen stützten den Euro. Bernanke erklärte, die Federal Reserve werde die Situation in Übersee genau beobachten und falls nötig Schritte einleiten, um Schaden von der US-Wirtschaft abzuwenden. Mit deren Erholung ist Bernanke offenbar recht zufrieden, wenngleich noch einige Probleme - etwa am Arbeitsmarkt - blieben. Der private Konsum, traditionell die Stütze der größten Volkswirtschaft der Welt, finde langsam wieder zu alter Stärke zurück.

Positiv bewertet Bernanke die Reaktion der Euro-Zone auf die Probleme Griechenlands und anderer Länder der Euro-Peripherie. "Die Aktionen der führenden europäischen Politiker stellen ein starkes Bekenntnis zur Lösung der bestehenden Spannungen dar. Sie werden das Vertrauen des Marktes stärken", sagte der Fed-Chef.

Wichtiges Signal

Das reaktivierte Währungsabkommen mit der Europäischen Zentralbank (EZB) sei deshalb ein wichtiges Signal: "Unsere internationale Kooperation sendet die Botschaft an den Markt, dass wir alles tun werden, um Stabilität und wirtschaftliche Erholung zu gewährleisten." Über das Abkommen stellt die Fed den Banken Europas Dollar-Liquidität zur Verfügung. Anders als nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 herrscht nach Angaben verschiedener Zentralbanken derzeit aber kein Mangel an Dollarliquidität in der Euro-Zone.

Daheim in den USA stehen die Zeichen nach Meinung Bernankes auf wirtschaftlicher Erholung. Getragen vom privaten Konsum rechne er in den kommenden Monaten mit weiteren Fortschritten, im Gesamtjahr mit einem Wirtschaftswachstum von 3,5 Prozent und 2011 mit einer ähnlich starken Dynamik von "etwa 3,5 bis 4 Prozent".

Auch der Arbeitsmarkt - lange die Achillesferse - hätte sich zuletzt positiver entwickelt, während vom Markt für Gewerbeimmobilien weiterhin Risiken ausgingen. "Allerdings wird es noch lange dauern, bis die durch die Rezession verloren gegangenen Jobs wieder entstanden sein werden", erklärte der Notenbankchef. Der schwerste Einbruch der US-Wirtschaft seit vielen Jahrzehnten hat rund 8,5 Millionen Arbeitsplätze gekostet. Die Fed orientierte sich in der Vergangenheit bei der Entscheidung für oder gegen steigende Zinsen nach Rezessionen oft an der Verfassung des Arbeitsmarktes.

Wirtschaftsaktivität verstärkt sich

Der Konjunkturbericht der US-Notenbank, das sogenannte Beige Book, untermauerte die Äußerungen Bernankes. Die US-Wirtschaft arbeite sich weiterhin allmählich aus der Krise heraus, hieß es in dem am Mittwochabend vorgelegten Bericht. Die Wirtschaftsaktivität habe sich in allen zwölf Fed-Bezirken Ende April und im Mai verstärkt. In weiten Teilen sei das Wirtschaftswachstum jedoch moderat ausgefallen. Konsumausgaben und Investitionen seien gestiegen, die Lage am Arbeitsmarkt habe sich leicht verbessert.

Konkrete Hinweise auf einen geldpolitischen Schwenk der Fed gab Bernanke nicht. Er wiederholte allerdings auch nicht die seit Monaten verwandte Formel, wonach der Leitzins "noch für eine längere Zeit" extrem niedrig bleiben wird. Die Fed hatte den Schlüsselzins in der Finanzkrise im Dezember 2008 auf rekordniedrige 0 bis 0,25 Prozent gesenkt und seitdem nicht mehr angetastet. Gegen diesen Kurs gibt es jedoch seit einiger Zeit Widerstand innerhalb des Führungszirkels der Notenbank.

Erst am Dienstag hatte der Chef der regionalen Fed von Kansas City, Thomas Hoenig, zum wiederholten Male eine restriktivere Geldpolitik gefordert. Bernanke sagte am Mittwoch, die Fed glaube, dass sie aus der Politik ultraniedriger Zinsen aussteigen könne, ohne Inflation zu verursachen. (APA/Reuters)