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Zur Person

Der frühere US-Diplomat Mark Fitzpatrick ist Nuklearexperte am International Institute for Strategic Studies in London.

Foto: Archiv

"Ein langer kalter Krieg mit dem Iran" Die Sanktionen werden die Haltung des Iran im Atomstreit kaum ändern, meint der Nuklearexperte Mark Fitzpatrick. Doch sie beschränken den Iran in seinen Möglichkeiten und dienen der Abschreckung, sagte er zu Julia Raabe.

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Standard: Werden die neuen Sanktionen dem Iran wehtun?

Fitzpatrick: Die Sanktionen sind sicher bedeutsam, aber ich bezweifele, dass sie sich einschneidend auf die iranische Wirtschaft auswirken werden. Sie könnten einen Einfluss haben, wenn sie strikt angewandt werden. Die jetzige Bedeutung ist aber wahrscheinlich mehr psychologisch.

Standard: Welche der neuen Maßnahmen sind die wichtigsten?

Fitzpatrick: Die Aufforderung an die Staaten, Schiffsfracht zu kontrollieren, die aus dem Iran kommt oder für ihn bestimmt ist und bei der ein Verdacht besteht, dass sie verbotene Güter beinhalten könnte. Das könnte den Iran in seinen Möglichkeiten beschränken, sich Teile für sein Nuklear- und Raketenprogramm zu beschaffen.

Standard: Nicht alle Mitglieder im Sicherheitsrat stimmen der Resolution zu. Schwächt das die Botschaft, die mit der Resolution eigentlich vermittelt werden soll?

Fitzpatrick: Das Signal ist sicher schwächer, weil keine Einstimmigkeit besteht. Die Tatsache, dass Russland und China die Sanktionen unterstützt haben, macht es aber immer noch stark. Dem Iran muss es Sorgen machen, dass seine wichtigsten Partner für die Resolution gestimmt haben. Brasilien und die Türkei gehören nicht dazu, weder in politischer noch in wirtschaftlicher Hinsicht.

Standard: Die beiden Länder haben mit dem Iran einen Plan über einen Urantausch ausgearbeitet. Ist ein solcher Deal endgültig tot?

Fitzpatrick: Der Vorschlag hat genug Substanz, aufgrund deren es sich lohnt, darüber zu sprechen. Wenn der Deal tot ist, dann, weil der Iran ihn für tot erklärt - wie angekündigt für den Fall, dass der Sicherheitsrat Sanktionen beschließt.

Standard: Das hieße keine Gespräche mehr - doch die Sanktionen haben bisher auch nichts bewirkt.

Fitzpatrick: Offensichtlich nicht, auch wenn sie dazu beigetragen haben, dass der Iran im Oktober den Vorschlag (der IAEO, Anm.) über einen Urantausch in Erwägung gezogen hat - und auch im Frühjahr neues Interesse daran gezeigt hat. Auch wenn Sanktionen nicht die iranische Position verändern, haben sie wichtige Ziele. Etwa zu zeigen, dass Irans ablehnende Haltung einen Preis hat.

Standard: Was sind jetzt die Optionen der Staatengemeinschaft - abwarten?

Fitzpatrick: Es kommt wohl eine Phase der Eindämmung und Abschreckung: das Atomprogramm durch Maßnahmen beschränken, die es unmöglich machen, Teile für das Programm zu importieren - und den Iran davor abschrecken, eine Atomwaffe zu bauen. Es ist keine Lösung. Die Welt muss sich auf einen langen kalten Krieg mit dem Iran einstellen. (DER STANDARD, Printausgabe, 10.6.2010)