Gestellte Aufnahme: Normalerweise tragen diese beiden Lümmel Karohemden. The Black Keys posieren auf einem Promotionfoto für ihr neues Album "Brothers".

Foto: V2 / Universal

The Black Keys, das sind zwei der Hauptverantwortlichen für jenen Look, dem der männliche Mittzwanziger mit Freude an Independent-Musik in den Nullerjahren verstärkt nachhing. Einer gepflegten Verwahrlosung, die sich vor allem bezüglich fehlender Rasurambitionen niederschlug. Außerdem wurde es gerade in der letzten Dekade ein bisschen chic, sich so eine Talibanmatte wachsen zu lassen, gerade in der US-amerikanischen Gegenkultur.

Wobei die Wolle bei Dan Auerbach, dem Gitarristen und Sänger der aus Akron, Ohio, stammenden Band, weniger den gemeinen Islamisten als vielmehr Creedence Clearwater Revival als Vorbild hat. Siehe auch sein Karohemd. Schließlich spielen die Black Keys einen tief in den Südstaaten verwurzelten Blues-Rock, und da sind CCR nie weit. Aber auch Patrick Carney, Schlagzeuger und Hornbrillenträger, geht als einschlägiges Role-Model durch.

Zum Blues-Rock, der im Falle der Keys tatsächlich erdig und also dreckig daherkommt, passt, dass die beiden zuerst auf dem einschlägigen Label Fat Possum veröffentlicht haben, das sich vor allem um alte, fast vergessene Blueser wie R.L. Burnside oder Junior Kimbrough gekümmert hat. Beide leider mittlerweile verstorben, beide wesentliche Einflüsse für die Black Keys, die mittlerweile im US-Indie-Zirkus eine etablierte Größe sind.

Ihr letztes Album "Attack & Release" hatte gar Starproduzent Danger Mouse betreut - ohne den Sound der Band rasend zu beeinflussen. Vielmehr hat er den beiden ein paar Tricks gezeigt, die sich nun beim eben erschienenen Folgewerk "Brothers" niederschlagen. Diese Tricks bedingen eine vertiefte Detailfreude, die der doch recht einfachen Musik gut ansteht.

Auch der Geisterhaus-Blues, den Auerbach zuletzt auf seinem Soloalbum "Keep It Hid" spielte, taucht hier wieder auf. Doch wird dessen hohlwangige Produktion bei der Stammband doch beträchtlich aufgefettet - etwa im Song "Sinister Kid", in dem der rumpelnde Blues auf einem eigenwilligen Groove surft. Das auf einer zart eiernden Orgel basierende "The Only One", für das Auerbach dann auch eine höhere Tonlage anschlägt, reicht überhaupt in den Soul hinein. Anders gesagt: Nie kamen einander Booker T & The MGs und die Sparks näher!

Zur Soulaffinität passt, dass Brothers teilweise in den Muscle Shoals Sound Studios aufgenommen wurde, dort, wo der Keim des Southern Soul bis heute die verschiedensten Pflänzchen treibt. Ansonsten erweisen sich die Black Keys einmal mehr als die besonnenere Version der White Stripes, was nicht nur angesichts der beiden Bandnamen ein hübsches Kontrastbild ergibt.

Ihr Blues-Rock zeitigt auch ohne Hysterie und Kollapsnähe seine Wirkung. Zeitlos, siehe - noch einmal - die großen CCR. (Karl Fluch / DER STANDARD, Printausgabe, 11.6.2010)