Mailand - Italien geht scharf gegen die auf insgesamt 100 Mrd. Euro geschätzte Steuerflucht vor. Die italienische Finanzpolizei hat seit Wochenbeginn Hausdurchsuchungen bei 280 italienischen Firmen vorgenommen und Dokumente beschlagnahmt, die eine auf 150 Mio. Euro geschätzte Steuerflucht belegen sollen. Österreichische, Schweizer, holländische und britische Firmen sollen mitgeholfen haben, Vermögen an den italienischen Steuerbehörden vorbeizuschmuggeln.

Bereits im Herbst 2009 waren diesbezüglich ein Schweizer Geschäftsmann, Giovanni Guastalla, drei seiner Partner und ein Angestellter einer Schweizer Bank verhaftet worden. Ihnen wurde unter anderem Geldwäsche, Veruntreuung der Gelder und Mithilfe zur Steuerflucht vorgeworfen. Das "Schweizer Quintett" soll im Ausland, darunter auch in Österreich, Firmen gegründet haben. Diese ermöglichten, dass die italienischen Kunden von Guastalla und Co im Ausland ihr Geld investierten. Mit Hilfe der Mittelsmänner soll dann das Kapital - je nach Bedarf - wieder an die italienischen Unternehmer zurückgebracht worden sein. Angeblich haben diese Mittelsmänner eine Provision von drei bis fünf Prozent des "investierten" Betrags gefordert.

Auch die Möbelfirma Poltrona Frau steht im Verdacht, 40.000 Euro am Fiskus vorbei geschleust zu haben. Zu Poltrona Frau gehört die österreichische Kultmöbelfirma Gebrüder Thonet. Das Unternehmen hat mitgeteilt, "zu jeglicher Mitarbeit mit dem Untersuchungsrichter" bereit zu sein. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.6.2010)