Wien - Am Donnerstag, 10. Juni, eröffnete die Interessengemeinschaft Architekturschaffender (IG Architektur) feiernd neue Räume an der alten Adresse: In sechsmonatiger Umbauzeit entstand in der Gumpendorferstraße in Wien-Mariahilf aus ehemaligen Lagern und einer Hausmeisterwohnung ein 240 Quadratmeter großes, helles, L-förmiges Erdgeschoß-Lokal, das nicht nur als Büro, sondern regelmäßig auch für Veranstaltungen genutzt werden soll.

Am 14. Juni (19 Uhr) startet das reguläre Programm, bei dem man sich an IG Architektur Montagen einmal wöchentlich in vier wechselnden Veranstaltungsformaten wichtigen Fragen der Mitglieder widmen möchte, mit einem "IGA Fokus" zum Thema Bauträgerwettbewerbe . An den anderen Tagen bietet man mit "IGA Dialog" und "IGA Beratung" auch Veranstaltungen, die sich an eine breitere Öffentlichkeit wenden. Andere Vereine und Organisationen können die Räume für Veranstaltungen mieten.

Beim Pressegespräch am Mittwoch freute sich der organisatorische Leiter Matthias Finkentey nicht nur darüber, dass alles in letzter Minute fertig geworden ist, sondern auch, dass die IG Architektur bei den jüngsten Kammerwahlen ein direktes Bundesmandat und drei Mandate in der Ländervertretung erreichen konnte.

Reform der Kammerstrukturen

"Es ist spannend, dass aus einem reinen Netzwerk-Verein nun eine Institution mit fixen Räumen und Veranstaltungsprogramm geworden ist, die auch die Berufsvertretung von innen heraus verändern möchte", sagte Finkentey, "man könnte das Erwachsenwerden nennen". In der ab 2001 als Mailingliste entstandenen, ab 2002 auch als Verein organisierten IG Architektur hatten sich junge, mit Architekturpolitik und Standesvertretung unzufriedene Architekten und Architektinnen zusammengefunden und bei ihren Treffen zunächst ein nomadisches Leben gepflegt.

2006 trat man erstmals in der Bundessektion der Kammer der Architekten und Ingenieurskonsulenten an und eroberte ein Direktmandat, das 2010 verteidigt werden konnte. "Unsere grundsätzliche kritische und skeptische Haltung zur Kammer hat sich nicht geändert, wir haben nur eine differenziertere Sichtweise gewonnen", resümierte Christian Aulinger seine erste Mandatsperiode, die nun fortgesetzt wird. "Wir brauchen eine Berufsvertretung. Eine Radikalreform der Kammerstrukturen ist allerdings notwendig. Die Kammer muss auf völlig neue Beine gestellt werden." Erstmals kandidierte die IG Architektur heuer auch für die Länderkammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland und erreichte mit 20,2 Prozent Platz drei und drei von 15 Mandaten. Neo-Mandatarin Verena Mörkl: "Es ist vernünftig, konstruktiv mitzuarbeiten."

Mikrokredite

Nachdem die angestrebte Drittel-Finanzierung des Umbaus durch Eigenmittel, Sponsoren und öffentliche Hand aufgrund (bisher) nicht bewilligter Fördermittel nicht realisiert werden konnte, entschloss man sich höchst erfolgreich, unter Freunden und Mitgliedern eine Mikrokredit-Aktion zu starten. "Als Verein hätten wir bei den Banken gar keinen Kredit bekommen", so Finkentey. 28 Personen gewährten Privatdarlehen von maximal 5.000 Euro, sodass 90.000 Euro aufgebracht werden konnten. Maximal zehn Prozent des jährlichen Vereinsbudgets von 100.000 bis 120.000 Euro (davon 30.000 vom Kulturministerium) sollen künftig für die Kreditrückzahlungen verwendet werden. Knapp über die Hälfte der Umbaukosten (insgesamt 250.000 Euro) wurde jedoch von Sponsoren getragen. Regent Lighting, Vitra und Wiesner-Hager wurden damit zu "Premium Dialog-Partnern". Finkentey: "Unser Spirit bleibt dennoch weiterhin kreativ-kritisch. Wir müssen dazu ja nicht immer an IKEA-Tischen arbeiten." (APA)