Die Geschichtsfälschung ist bereits im Gange. Vermehrt ist davon die Rede, dass der Verdacht beziehungsweise die Behauptung, Saddam Hussein besitze und produziere Massenvernichtungswaffen, auch ein Grund für den US-Krieg gegen den Irak war.

Das mag faktisch stimmen - die Kriegsskeptiker und -gegner waren ja ebenfalls immer der Meinung, dass dieser Krieg eher aus anderen Motiven geführt wurde. Aber laut eigener US-Argumentation vor dem Krieg - dass dieser durch UNO-Resolutionen, die die Abrüstung des Iraks verlangten, legalisiert sei - waren die Massenvernichtungswaffen nun einmal der Kriegsgrund. Sie waren auch die Grundlage für das US-Konstrukt des Präventivschlags. Man erinnere sich: die Gefahr, dass der Irak seine ABC-Waffen an Terroristen weitergeben könnte.

Noch ist dazu das letzte Wort nicht gesprochen, ein signifikanter Fund ist ja weiter im Bereich des Möglichen - und mit ihm wäre die vor dem Krieg geführte Legitimationsdiskussion wohl automatisch de facto hinfällig. Und wenn so ein Fund gar von der Expertise der Unmovic (der UNO-Waffeninspektionskommission für den Irak) abgesichert würde - die zu diesem Zweck wieder im Irak aktiv werden müsste -, wäre die Glaubwürdigkeit für die skeptische internationale Gemeinschaft ungleich größer.

Aber beides - Glaubwürdigkeit und UNO - haben für die siegreichen USA weniger Gewicht als je zuvor: Anders wäre es nicht möglich, dass sie im Sicherheitsrat die sofortige Aufhebung der Sanktionen gegen den Irak verlangen, die ja völkerrechtlich an die nachweisliche Abrüstung des Irak gebunden ist. Andererseits kann man auch so argumentieren: Da es einstweilen keine souveräne irakische Regierung geben wird, sind die USA nun selbst die Herren über die irakischen Massenvernichtungswaffen, wenn es denn welche gibt. (DER STANDARD, Printausgabe, 19./20./21.4.2003)