Grasser in der Kritik: Geringe Steuerersparnis, wenn Gewinne in der Kasse bleiben.

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Wien - Nach der heftigen Kritik der Arbeiterkammer an Finanzminister Grassers Steuerplänen kommt nun auch aus dem Lager der Unternehmerschaft deutliche Ablehnung. Sonja Zwazl, Präsidentin der Wirtschaftskammer Niederösterreich, hat am Donnerstag ein Freibetragsmodell für nicht entnommene Gewinne präsentiert, das - bei ähnlich hoher Budgetbelastung - eine wesentlich höhere "Treffsicherheit" für Klein- und Mittelbetriebe (KMUs) hätte.

Zwazl sagte: "Das Regierungsmodell ist nicht die große Hilfe für die Klein- und Mittelbetriebe, die wir brauchen. Nur einige wenige profitieren überproportional. Das ist die falsche Weichenstellung."

Kaum Steuerersparnis

In Grassers linearem Halbsatz-Modell lukrieren schlecht verdienende KMUs durch eine 20-prozentige Mindestversteuerung nicht entnommener Gewinne de facto kaum eine Steuerersparnis, danach steigt aber die Steuerentlastung pro Jahr extrem steil an. In Zwazls Modell werden durch den Steuerfreibetrag bis 100.000 Euro auf nicht entnommene Gewinne von vornherein vor allem die schlechter verdienenden Kleinfirmen bevorzugt. Hintergrund ist das Ziel, die Eigenkapitalausstattung der Unternehmen zu fördern. Diese ist statistisch gesehen signifikant schlechter, je kleiner ein Unternehmen ist.

Bei 30.000 bis 40.000 Euro aus Gewerbeeinkünften wäre im Steuerfreibetragsmodell der Wirtschaftskammer Niederösterreich eine jährliche Ersparnis von 3799 Euro zu holen. Alle nicht entnommenen Gewinne bis zur Höchstgrenze von 100.000 Euro wären in diesem Modell ja steuerfrei. Zum Vergleich: Im Entwurf von Finanzminister Karl- Heinz Grasser bekäme der gleiche Einzelunternehmer oder Freiberufler in der Einkommenskategorie von 30.000 bis 40.000 Euro lediglich 1418 Euro zugestanden.

Bis zu 577.600 Euro In der obersten Einkommenskategorie von einer Million Euro und mehr, in der sich nur noch 126 Einzelunternehmer und Freiberufler befinden, liegt die Ersparnis bei 49.670 Euro (Freibetragsmodell) bzw. bei stolzen 577.597 (!) Euro nach Regierungsvorstellungen.

Kapitalgesellschaften (GmbHs und Aktiengesellschaften) wurden ja aus budgetären Gründen von der Förderung nicht entnommener Gewinne ausgeschlossen. Würden diese mit einbezogen, stiegen die Kosten des Freibetragsmodell von 384 Millionen Euro im Jahr um weitere 450 Millionen Euro, rechnet die Wirtschaftskammer Niederösterreich vor.

Mit Stellungnahme wird gerechnet

Zur Umsetzungswahrscheinlichkeit sagte Zwazl: "Wir haben unseren Vorschlag in den höchsten Gremien eingebracht und erwarten uns vom Finanzministerium eine schriftliche Stellungnahme, warum unser Modell abgelehnt oder angenommen wird." Grassers Modell wurde von den Finanzexperten der Wirtschaftskammer Niederösterreich als "keine zielgerichtete Maßnahme" bezeichnet, wenn man den eigenen Anspruch der Regierung - die Förderung der Klein- und Mittelbetriebe - als Maßstab zugrunde lege. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 18.4.2003)