Vor dem Irakkrieg hatte George W. Bush seinen "Freund" Jacques immer wieder angerufen. Jetzt musste allerdings Chirac zum Hörer greifen - mehr als zwei Monate seit dem letzten Telefonkontakt der beiden Präsidenten. Das Telefonat am Dienstag habe zwanzig Minuten gedauert, und Bush habe für den Anruf "gedankt", berichtete Chiracs Sprecherin. Bushs Sprecher meinte, der Ton sei "professionell" gewesen, also wohl ziemlich kühl.

Nach dem tiefen Zerwürfnis zwischen Paris und Washington, das in der französischen Vetodrohung gegen einen Militäreinsatz gipfelte, stellte Chirac nun gegenüber Bush eine "pragmatische" Haltung Frankreichs in Aussicht. Der Sprecher des Weißen Hauses meinte freilich, er verstehe nicht ganz, was damit gemeint sei. Dabei hatte sich Chirac durchaus klar ausgedrückt: Er bietet den USA französische Hilfe bei Wiederaufbau des Irak an - konkret in den Bereichen Entwaffnung, Übergangsregierung, Verwaltung und Erdölproduktion.

Zum einen will die französische Diplomatie - und Wirtschaft - im Irak nicht ganz abwesend sein, um ihre angestammten Beziehungen zu Bagdad nicht völlig zu verlieren; insbesondere der Ölkonzern Total fürchtet um seine milliardenschweren Vorverträge aus dem Jahr 1995.

Außerdem berichten unter anderem Weinexporteure in Bordeaux mehr und mehr über rückläufige Absatzzahlen in den USA. Der Unternehmerverband Medef "bedauerte" diese Woche hochoffiziell, dass die Pariser Diplomatie keine Rücksicht auf die französischen Wirtschaftsinteressen genommen habe.
(DER STANDARD, Printausgabe, 17.4.2003)