Freundlich radebrechende Lada- und Trabantfahrer, die mit großen Augen und leeren Taschen vor den heimischen Schaufenstern stehen. Ärmliche, schmutzige Industriekonglomerate, die mit immensem Aufwand in endlosen grauen Betonwüsten nutzlose Dinge herstellen. Heerscharen hungriger Maurer, Tapezierer, Friseure, Installateure und Tischler, die den österreichischen Kollegen mit Dumpingangeboten die Butter vom Brot stehlen werden: Dieses in Österreich noch immer sehr verbreitete Zerrbild von den Nachbarn im Osten traf schon vor 14 Jahren bei der Ostöffnung kaum zu. Doch Vorurteile leben lange, und heute scheint es, als ob viele Unternehmen bei den Vorbereitungen auf die neue Konkurrenz noch immer dieses Bild vor Augen haben.

Das Erwachen könnte bitter sein: Denn einer Studie des renommierten Wiener Instituts für Wirtschaftsvergleiche zufolge werden Ungarn, Tschechien und Polen nicht das "neue Schlusslicht" in der EU sein. Statt mit Portugal und Griechenland um Billiglohnstandorte zu buhlen, werden Ungarn und Polen Österreich im Mid- und Hightech-Bereich Konkurrenz machen. Vor allem in ausbildungsintensiven Branchen sehen Experten bereits jetzt Vorteile für die neuen Mitglieder.

Dies ist eigentlich wenig überraschend, da die Länder schon zu Zeiten des Ostblocks über exzellente Ausbildungsstätten und ein hohes Akademikerniveau verfügten.

Junior-EU-Mitglieder, die durch attraktivere Rahmenbedingungen und niedrige Steuern einen Hightech-Standort mit Billiglohnstrukturen bieten können: Dem steht die Unfähigkeit Österreichs gegenüber, Forschung und Entwicklung wenigstens zu ordnen oder der aufgeblasenen teuren Verwaltung mehr Effizienz einzuhauchen. (DER STANDARD, Printausgabe 17.4.2003)