Hamburg - EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen sieht mit der Aufnahme zehn neuer Mitglieder in die Europäische Union den Reformdruck wachsen. "Die bisherigen Arbeitsmethoden reichen für die Bewältigung der Aufgaben nicht mehr aus", sagte Verheugen am Mittwoch im NDR. Die Unterzeichnung der Beitrittsverträge am (heutigen) Mittwoch in Athen sei ein historisches Ereignis, das "das Gesicht Europas über die kommenden hundert Jahre hinaus grundlegend verändern" werde, sagte Verheugen. Nun beginne "eine neue Zeitrechnung in Europa".

Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

Der EU-Kommissar sagte, nun entstehe "ein gewaltiger Reformdruck". Die Erweiterung schaffe "das Potenzial, ein Jahrhundert des Friedens, der Freiheit und des Wohlstandes für alle Europäer zu bewältigen", sagte Verheugen im ZDF-"Morgenmagazin". Nötig sei eine "gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU, die diesen Namen auch wirklich verdient". Bisher gebe es nur eine mehr oder weniger freiwillige Koordinierung der Mitgliedstaaten. "Das können wir uns in Zukunft nicht mehr leisten", sagte Verheugen im ZDF. Mit dem Mitglied Zypern sei die Gemeinschaft nur noch zwanzig Flugminuten vom Krisenherd Naher Osten entfernt.

EU-Institutionen schlanker, Entscheidungsprozesse transparenter

Zugleich müsse der Verfassungskonvent Vorschläge präsentieren, damit die Institutionen der EU schlanker und die Entscheidungsprozesse transparenter würden. Mehrheitsentscheidungen müssten die Regel werden, auch in den Bereichen, in denen dies heute noch nicht der Fall sei. "Sonst könnten einzelne Institutionen an ihrer Größe ersticken", warnte Verheugen.

Auf dem EU-Gipfel in Athen geht es an diesem Mittwoch um die bisher größte Erweiterung in der Geschichte der EU. Zehn Staaten Mittel- und Osteuropas sowie des Mittelmeerraumes sollen die Verträge für den EU-Beitritt zum 1. Mai 2004 unterzeichnen. Erwartet werden 41 Staats- und Regierungschefs - unter ihnen auch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel.

EU-Kommissar Verheugen rechnete damit, dass es nach der Vertragsunterzeichnung auch bei den politischen Entscheidungen wie der Ratifizierung der Verträge keine Probleme mehr geben werde, und die zehn Staaten am 1. Mai 2004 Mitglieder der Gemeinschaft sein werden.(APA/AP/dpa)