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Foto: REUTERS/Chris Helgren

Reporter mit Satellitentelefon stehen in Bagdad derzeit ganz oben auf der Beliebtheitsskala: Seit die US-geführten Streitkräfte die Telefonanlagen im Land zerbombt haben, ist die irakische Bevölkerung von Freunden und Familien im Ausland abgeschnitten. Seit Wochen haben sie kein Lebenszeichen mehr von sich geben können. Einziger Ausweg: die Journalisten. Die ausländischen Reporter können sich vor verzweifelten Anfragen kaum retten. Bestürmt werden sie aber auch von US-Soldaten, denn denen geht es nicht besser als den Irakern. Auch sie können ihre Angehörigen zu Hause nur über Satellitentelefon erreichen.

Autos werden belagert

Für Journalisten ist eine Autofahrt durch Bagdad zurzeit wie Spießrutenlaufen. Bleibt der Wagen im Stau stecken, recken sich Hände mit Zetteln hinein, oder Notizblätter mit Namen und internationalen Telefonnummern werden einfach durch die Fenster geworfen. "Unser Auto wird immer belagert", berichtet ein Reporter. "Es geht nicht ums Geld, aber wir können doch nicht jeden Iraker unser Telefon benutzen lassen." Neulich habe er mit der Hilfe eines arabischen Übersetzers doch mal eine Nummer im Ausland angewählt. "Der Mensch am anderen Ende der Leitung hat geweint."

Sämtliche Telefonleitungen tot

Nach drei Wochen Krieg sind im Irak sämtliche Telefonleitungen tot. Präsident Saddam Hussein hatte in seinem Land nur Festnetz geduldet, ein Mobilfunknetz ließ er nicht zu. Wer mit einem Satellitentelefon erwischt wurde, galt als Verräter. Auch ausländische Journalisten wurden bis vor kurzem überwacht: Die Benutzung der Satellitentelefone war unter der alten Regierung nur im Informationsministerium erlaubt.

Angehörige können nicht erreicht werden

Hin und wieder lassen sich die Reporter nun erweichen, die Rolle des Botenjungen zu übernehmen. Denn auch die rund vier Millionen Iraker, die in alle Welt verstreut leben, erreichen ihre Familien in der Heimat nicht. Über die vertracktesten Umwege kommen Nachrichten und die heiß ersehnten Satellitentelefone dann doch noch in die Vororte von Bagdad. "Sie sind ein Engel, den der Himmel schickt!", strahlt Samia, als ihr ein Reporter eine Botschaft von Verwandten aus den Vereinigten Staaten überbringt. Die Nachricht hatte der Reporter wiederum von einem dort ansässigen Kollege übermittelt bekommen. "Ich habe mit meiner Familie in den USA seit mehr als drei Wochen nicht gesprochen, sie müssen sich zu Tode ängstigen. Ich kann es gar nicht fassen, dass ich meine Schwester jetzt von meinem Garten aus anrufen kann."

"Das tut mir Leid"

Auch die US-Truppen haben keinen Kontakt mehr zu ihren Familien in der Heimat. Gleich am ersten Tag der Erstürmung Bagdads sei ein junger Marineinfanterist in der Hotelhalle aufgetaucht, berichtet der Portier des Hotels Palestine, in dem die meisten ausländischen Reporter untergebracht sind. "Wir saßen hier, als ein junger Soldat auf uns zukam und sagte: 'Ich würde bitte gerne einen Telefonanruf machen'". Er sei fassungslos gewesen, erzählt der Portier. Er habe geantwortet: "'Sie fragen im Ernst nach einem Telefon? Aber Ihr habt doch die Verbindungen zerbombt!' Und wissen Sie, was er geantwortet hat? Er sagte: 'Das tut mir Leid'."(APA/Nayla Razzouk/AFP)