Viele Studien widmen sich dem Essverhalten, doch sie konzentrieren sich im Wesentlichen auf Erwachsene. Dabei bringt auch der Nachwuchs zu viele Kilos auf die Waage. Wie wirken sich psychische Störungen und Stress auf das Körpergewicht von Jugendlichen aus? Dies wollen Wissenschaftler vom Uniklinikum der Universität Duisburg-Essen (UDE) herausfinden. Hierzu werden sie 500 14- bis 17-Jährige und ihre Eltern befragen.

Affektive Störungen

Wer depressiv ist, wiegt oft mehr: Aktuelle Studien belegen den Zusammenhang zwischen Psyche und starkem Übergewicht (Adipositas). "Depressive Kindern nehmen überdurchschnittlich stark zu. Diäthalten wiederum geht mit einer Reihe von Verhaltensauffälligkeiten einher", so Johannes Hebebrand, der das Forschungsvorhaben an der UDE leitet, in einer Aussendung. Wer an Programmen zur Gewichtsreduzierung teilnehme, leide häufig unter affektiven Störungen und Ängsten, so der Mediziner. Im Jugendalter komme es beispielsweise gehäuft zu Suizidversuchen, Ess- und Brechattacken und Suchtmittelgebrauch.

Die Untersuchung gehört zu einem neuen, multidisziplinären Forschungsprojekt, an dem 13 Forschergruppen aus sieben europäischen Ländern beteiligt sind. Sie wollen zeigen, welche neurobiologischen Mechanismen dafür verantwortlich sind, dass Menschen - aus Angst oder Stress - zu viel essen und damit das Risiko einer Fettsucht erhöhen. Das Vorhaben NeuroFAST (The integrated Neurobiology of Food intake, Addiction and Stress) wird von der EU gefördert und ist auf fünf Jahre ausgelegt. Unter anderem arbeiten daran Psychologen, Genetiker und Ernährungsexperten mit.

Einfluss familiärer Faktoren

Die Mediziner der UDE interessieren die Zusammenhänge zwischen Verhaltensweisen wie Diäten oder Essattacken und belastenden Faktoren wie psychischen Erkrankungen, Stress oder Hormonspiegel. Mit Interviews und Fragebögen sollen diese bei 500 stationär behandelten Jugendlichen erforscht werden. Dabei werden auch Genvarianten und der familiäre Einfluss einbezogen.

Eine zweite Untersuchung der Größe, des Gewichts sowie der Lebensweise ist ein Jahr nach der Entlassung geplant. So lässt sich herausfinden, welche Rolle das neurologische Belohnungssystem bei der Nahrung spielt. Es ist vergleichbar mit dem Belohnungssystem für Alkohol und kann ebenso abhängig machen.

"Wir wollen die Wirkung bestimmter Handlungen auf den Body Mass Index (BMI) und Bauchumfang analysieren - dabei berücksichtigen wir Psychopathologie, Stress, Hormonkonzentrationen und das Verhalten der Eltern ", fasst Professor Hebebrand den Forschungsansatz zusammen. Erste Ergebnisse werden in zwei Jahren erwartet. (red)